Goa Gajah Tempel: Elefantenhöhle & Waldpark
Der hinduistische Goa Gajah Tempel, auch als “Elefantenhöhle” bekannt, zählt zu den ältesten und bedeutendsten heiligen Stätten auf Bali. Einst diente dieser Ort als Eremitage, in der Mönche meditierten und beteten. Obwohl die Anlage vermutlich aus dem 11. Jahrhundert stammt, wurde sie erst 1923 von einem niederländischen Archäologen entdeckt.
Der Goa Gajah Tempel liegt etwa 6 km östlich von Ubud. Das Heiligtum ist für Touristen zugänglich, sodass Besucher die historischen Relikte und die umliegende Natur in aller Ruhe erkunden können.
Die Elefantenhöhle
Berühmt ist vor allem der spektakuläre Zugang zur Höhle.
Hier erwartet uns die steinerne Fratze des Erdgotts Boma. Böse schaut sie auf die Besucher herab – mit weit geöffneten Mund, schielenden Glupschaugen und wilder Mähne, in der sich allerlei Tiere und Gnome tummeln.
Das Betreten des Schlunds symbolisiert in vielen balinesischen Tempeln den Tod sowie die darauf folgende Reinigung – ein ritueller Akt, um in reiner Form vor den Göttern zu erscheinen. Auf jeden Fall zählt die Höhle auf dem Areal des Goa Gajah-Tempels zu den interessantesten altbalinesischen Sehenswürdigkeiten.
Durch das Maul des Monsters betritt man eine kleine T-förmige Höhle.
Im Innern findet man eine steinerne Ganesha-Statue. Ganesha ist der elefantenköpfige Sohn Shivas und vielleicht rührt der Name “Elefantenhöhle” ja daher.
Außerdem gibt es noch einen dreifachen Shiva-Lingam aus Stein, eingehüllt in drei farbige Tücher. Lingas sind Phallussymbole und stehen für Shivas Schöpfungskraft. Insgesamt ist die dunkle Atmosphäre in der Höhle schon etwas unheimlich.
Unser Führer riet uns, in der Höhle eine Minute ganz still zu sein und in “die Stille hineinzulauschen”. Und … man glaubt tatsächlich, das Flüstern alter magischer Zeremonien und Rituale zu hören!
Badebecken & Tempelanlage
Gegenüber der Elefantenhöhle liegen zwei große Badebecken, die erst 1954 bei Ausgrabungen entdeckt wurden. Die Balinesen nutzen diese nicht nur zum Baden, sondern auch für rituellen Waschungen und dem Schöpfen von heiligem Quellwasser (siehe Tirta Empul Tempel).
Besonders eindrucksvoll: Die steinernen, jeweils in Dreiergruppen an den Rändern der Becken stehenden Nymphen, die als Wasserspeier dienen. In ihren Händen halten sie runde Vasen, aus denen Wasser plätschert. Das Quellwasser im Goa Gajah-Komplex gilt als heilig. Dies wird auch durch die aufwändige Gestaltung der zwei Meter hohen Statuen deutlich.
Taman Tempel-Zeremonie
Auf dem Gelände befindet sich neben den Badebecken auch der Taman-Tempel. Obwohl er selbst nicht groß ist, hat er eine große spirituelle Bedeutung.
Mit ein wenig Glück kann man hier eine der regelmäßig stattfindenden religiösen Zeremonien erleben. Der zentrale Bestandteil einer balinesischen Opferzeremonie ist die Darbringung von Opfergaben.
Diese werden sorgfältig vorbereitet und vor den Götter-Statuen in den Tempeln oder an anderen heiligen Stätten platziert. Die symbolischen Opfergaben (“Banthen”) sollen die Verehrung der Götter ausdrücken, um das Gleichgewicht zwischen der spirituellen und physischen Welt aufrechtzuerhalten.
In vielen Tempeln kaufen Gläubige und Besucher Opfergaben vor Ort.
Diese reichen von Blumen und Früchten bis hin zu Räucherstäbchen und kleinen Behältern mit Reis. Angebote werden sie von lokalen Händlern, die ihre Waren in der Nähe des Tempels positionieren. Auch wenn kleinere Opfergaben in den Händen getragen werden, die traditionelle Methode ist das Tragen der Opfergaben auf dem Kopf.
So kann man überall auf Bali Frauen in der Nähe von Tempeln sehen, wie sie die hoch aufgetürmten Körbe elegant auf ihrem Haupt platzieren – oft unterstützt durch einen balinesischen Turban, bzw. “Udeng”.
Diese Technik erfordert Geschicklichkeit und eine sehr aufrechte Haltung.
Übrigens: Da die Götter nur den nicht-materiellen Teil der Darreichungen zu sich nehmen, dürfen die Gaben nach der Zeremonie wieder mit nach Hause genommen und als “gesegnete Speisen” verzehrt werden. Ein schöner und auch ausgesprochen „nachhaltiger“ Brauch, wie wir finden!
Eine wichtige Rolle beim Gebet spielt übrigens die Bethaltung (“Pranam”). Als Ausdruck der Demut und des Respekts wird der Kopf leicht nach vorne geneigt, während die Handflächen zusammengelegt werden – ähnlich wie beim“Wai” in Thailand. Nur dass die Hände in diesem Fall nicht vor der Brust, sondern knapp über der Stirn gefaltet werden und stets ‘gen Himmel oder in Richtung einer Gottheit ausgerichtet sind.
Selten sieht man Balinesen alleine beten. Meist trifft sich die Bevölkerung bei gemeinschaftlichen Zeremonien, insbesondere während offiziellen religiösen Festen. Dann nehmen die Gläubigen gleichzeitig die Bethaltung ein – ein faszinierendes Bild der Hingabe und Einheit.
Der Waldpark
Das für uns größte Highlight auf dem Goa Gajah-Areal ist neben der Elefantenhöhle die angrenzende, weitläufige Parkanlage mitten im Urwald.
Über mehrere Treppen geht es hinab zum malerischen Ufer des Petanu-Flusses, umgeben von uralten Bäumen, Kokospalmen, einem Seerosenteich und (heiligen) Banyan Trees.
An einigen Orten sehen wir auch Opfergaben, die gläubige Balinesen am Wegesrand auf einer Steinmauer platziert haben. Ein schönes, stimmungsvolles Motiv!
Selbst Atheisten müssten sich in diesem märchenhaften Waldpark den Göttern näher fühlen, auch angesichts der halb versteckten hinduistischen Skulpturen und Opferaltäre.
Überall ist von man feucht triefendem, geheimnisvoll in allen grünen Schattierungen leuchtendem Dschungel umgeben.
Auch die über und über vermoosten Felsen und sonstigen Bauwerke wie diese Brücke über einen kleinen Bach lassen den Spaziergang runter in das Tal etwas unwirklich erscheinen. Als hätte ein Märchenmaler einen Weichzeichner benutzt!
Und dann, urplötzlich … pure Magie! Die frühmorgens noch fahle Sonne bricht zwischen den dichten Urwaldbäumen durch und taucht die ganze Szenerie mit Waldtempel in ein fast göttlich-strahlendes Licht.
Das ist schon ein schier unglaubliches Erlebnis – auch für nicht besonders esoterisch veranlagte Besucher!
Das Sonnenlicht scheint tatsächlich zum Greifen nah.
Dieses Lichtphänomen tritt wohl immer um die gleiche Uhrzeit auf und dauert etwa eine halbe Stunde.
Unser balinesischer Führer, der uns bewusst kurz nach Sonnenaufgang hierher begleitete, hatte uns also keineswegs zu viel versprochen, als er von der bevorstehenden „Mirage“ sprach..!
Abschließend konstatieren wir: Dieses mystische Spekatakel werden Sie wohl kaum in einem Reiseführer finden. Deshalb ist das Lichtphänomen im Dschungel-Park des Goa Gajah-Tempels ein echter Geheimtipp von uns, wenn Sie auf Bali Urlaub machen und sich in der Nähe von Ubud befinden.
© Text & Fotos: Jörg Baston. Redaktion: Nathalie Gütermann
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