Hue: Die alte Kaiserstadt von Vietnam

❂ Hue war einst die Hauptstadt des Landes während der Nguyen-Regierung ❂ Während des Indochina- und Vietnamkriegs erlitt Hue jedoch schwerste Zerstörungen, deshalb ist von der einstigen Pracht leider nur noch wenig übrig geblieben. Ein absolutes Muss für jeden Vietnam-Reisenden ist allerdings die berühmte Zitadelle, auch als “Kaiserstadt” bekannt, sowie die Kaisergräber im Süden – beide seit 1993 ein UNESCO Weltkulturerbe.

In Hue sind Krieg und sozialistische Tristesse längst passé. Vietnams letzte Königsstadt hat sich ganz ihrer glanzvollen Vergangenheit verschrieben, und dank der UN sind zahlreiche Restaurierungs- und Renovierungsarbeiten an den alten Monumenten durchgeführt worden. Die untergegangene Monarchie ist jedenfalls heute lebendiger denn je.


Geschichte der Kaiserstadt

Das Herzstück von Hue ist die Zitadelle, besser bekannt als die Kaiserstadt. Es handelt sich hierbei um eine beeindruckende Festungsanlage, die sich über 10 Quadratkilometer erstreckt und von einer massiven Mauer mit Wassergraben umgeben ist. Sie umfasst eine innere und äußere Zitadelle.

Die Palastanlage der Nguyen-Dynastie (1802-1945) entstand nach dem Vorbild der “Verbotenen Stadt” in Peking. In der inneren Zitadelle befinden sich Paläste, Tempel, Pavillons, Gärten und Höfe. Dieser Bereich war früher quasi ein eigener Staat innerhalb der Kaiserstadt.

Die kunstvollen Schnitzereien, dekorativen Fliesen und die Verwendung von symbolischen Elementen spiegeln den künstlerischen Reichtum der letzten vietnamesischen Kaiserdynastie wider.

Der vietnamesische Hofstaat war dafür bekannt, die schönen Dinge des Lebens zu schätzen und zu fördern. Zum Beispiel Poesie, bildende Künste und Religion. Kaum ein Ort in Südostasien versprühte einen Flair wie Hue.


Top 10: Besichtigung der Kaiserstadt

Ngo Mon-Tor

Das majestätische Ngo Mon-Tor ist das Haupttor zur Kaiserstadt. Früher war dieser Durchgang nur dem Kaiser und seiner Familie vorbehalten.

Das Dach des zweistöckigen Gebäudes ist mit kunstvoll geschnitzten Holzarbeiten, Drachenfiguren und Porzellankacheln dekoriert.


Thai Hoa-Palast

Über einen Hof und die Trung Dao-Brücke kommt man zum “Thai Hoa Palace” (übersetzt: “Halle der höchsten Harmonie”). Der von Kaiser Gia Long 1805 erbaute Palast ist ein dreigliedriger, traditioneller vietnamesischer Palast, der im chinesischen Stil errichtet wurde.

Der wunderschön restaurierte Bau mit imposanter Fassade ist einer der beeindruckendsten Paläste in Hue, denn er beherbergt unter anderem den Thronsaal der letzten Kaiser.

80 Säulen sind mit goldenen Drachen verziert, dem Symbol der Nguyen-Dynastie. In diesem königlichen Audienzsaal empfingen die Kaiser wichtige Staatsmänner, und hier wurden auch Hofzeremonien abgehalten.

Der Innenraum ist daher entsprechend opulent gestaltet und verfügt über typisch chinesische rote Lackarbeiten mit Intarsien, Porzellanfliesen und kostbare Holzmöbel.

Hinter dem Thai Hoa-Palast liegen die Mandarin Säle. Dies sind ebenfalls repräsentative Räume, die entlang des Hauptgangs des Palastes angeordnet sind. Diese Säle wurden für die Versammlung hochrangiger Beamter und Mandarine während königlicher Audienzen und Zeremonien genutzt.

Der Begriff “Mandarin” bezieht sich auf die Mitglieder des vietnamesischen Beamtenapparats während der Kaiserzeit, die für die Verwaltung und Beratung des Herrschers verantwortlich waren.


The Mieu-Tempelkomplex

Dieser beeindruckende ummauerte Komplex befindet sich in der südwestlichen Ecke der kaiserlichen Anlage. Besonders schön sind hier die beiden Bogen-Portale mit jeweils reich verzierten Aufsätzen.

Innerhalb dieser Anlage befindet sich der Hung  Mieu-Tempel.

Er ist eine Rekonstruktion des durch den ersten Indochinakrieg beschädigten Originals aus dem Jahr 1804. Er wurde von Kaiser Minh Mang im Gedenken an seine Großeltern errichtet.

Im Tempel entdecken wir mehrere Schreine, die für jeden einzelnen Kaiser errichtet wurden und auf denen ihre Fotos stehen.

Hier links auf dem Foto sehen Sie den Altar des ersten Herrschers Kaiser Gia Long. Seine Regentschaft markiert eine entscheidende Periode in der Geschichte Vietnams, da er das Land nach einer langen Zeit der Unruhen und Konflikte wieder vereinte.

Eine seiner bemerkenswerten Leistungen war die Verlegung der Hauptstadt nach Hue, wo er eben die hier beschriebene Zitadelle sowie seinen Königspalast errichten ließ. Sein Bestreben war es, politische Stabilität wiederherzustellen und die königliche Macht zu zentralisieren.

Unter der Herrschaft von Gia Long wurde auch die administrative Struktur reformiert, um das Land zu modernisieren. Er führte eine Zählung der Bevölkerung durch, etablierte eine zentralisierte Verwaltung und setzte sich für die Integration ethnischer Gruppen ein.


  • Schrein der 9 Urnen

Und weiter geht’s mit unserem Spaziergang über das weitläufige Gelände.

Wer den großen Platz vor dem Mieu-Tempel überquert, gelangt automatisch zu einer weiteren Sehenswürdigkeit auf dem kaiserlichen Areal. Die neun imposanten Urnen, die im Hof der Zitadelle von Hue stehen, bilden den “Schrein der 9 Urnen”.

Die historischen Wurzeln dieser Urnen reichen bis in die Regierungszeit von Kaiser Minh Mang (1820–1841) zurück. Ursprünglich wurden die Urnen an verschiedenen Orten im Land aufgestellt, um die Loyalität der Regionen zur Nguyen-Dynastie zu festigen.

Jede dieser eindrucksvollen Urnen repräsentiert einen der neun Herrscher der kaiserlichen Dynastie. Die Zahl neun, die diese Urnen umgibt, ist nicht nur einfach eine mathematische Konstante, sondern hat in der vietnamesischen Kultur eine tiefe Symbolik. Sie wird von der Bevölkerung als Glückszahl betrachtet.


  • Hien-Lam-Pavillon

Der imposante dreistöckige Pavillon aus dem Jahr 1824 befindet sich auf der Südseite des Komplexes.

Der Bau wurde in der Mitte des Hofs vor dem Mieu-Tempel errichtet, um alle zu ehren, die der Nguyen-Dynastie zu Ansehen verholfen haben.


Truong Sanh Königspalast

Die meisten Paläste innerhalb der Zitadelle von Hue haben im Laufe der Jahre Schäden erlitten. Natürlich durch den Vietnamkrieg, aber auch durch Wettereinflüsse. In den letzten Jahren wurden umfangreiche Restaurierungsarbeiten durchgeführt, um die Kaiserstadt zu erhalten. Auch der ehemals prächtige Truong Sanh Palace soll wiederhergestellt werden.

Die meisten Arbeiten werden von verschiedenen vietnamesischen Regierungsbehörden durchgeführt. Außerdem werden die Einnahmen aus dem Tourismus für den Erhalt der Paläste verwendet.


Thai Binh-Pavillon

Der Thai Binh-Pavillon befindet sich im Zentrum der Zitadelle und ist von einem idyllischen Park umgeben. Er erhebt sich auf einer kleinen Insel inmitten eines kleinen Sees und ist über eine Steinbrücke erreichbar.

Der Pavillon diente als Ort für die Aufbewahrung von königlichen Edikten und Dekreten.

Charakteristisch ist die Pagodenarchitektur  mit seinem mehrfach gestuften Dach, das mit traditionellen Holzschnitzereien und kunstvollen Reliefs verziert ist. Man beachte diese außerordentliche Liebe zum Detail!

Der Tempel befindet sich in der Nähe des Haupteingangs der Zitadelle und symbolisiert Frieden und Stabilität.

Die königlichen Beschlüsse, die von den Kaisern erlassen und im Inneren des Pavillons aufbewahrt wurden, behandelten verschiedene Aspekte der Verwaltung, Gesellschaft und Rechtsprechung.

Zudem diente auch dieser Pavillon als Ort für königliche Zeremonien und Audienzen, ebenso wie die verschiedenen “Gartenhäuschen” im Park. Nehmen Sie sich Zeit und genießen Sie ihren Ausflug ins Grüne…


Duyet Thi Duong Theater (Königliches Theater)

Das Theater wurde während der Nguyen-Periode als kulturelles Zentrum und Unterhaltungsstätte genutzt. Es war ein Ort für königliche Aufführungen mit Musik-, Tanz- und Theater-Darbietungen.

Die Innenräume sind prächtig mit Säulen voller Lackarbeiten und den allgegenwärtigen goldenen Drachen.


Tu Hieu-Pagode

Die Tu Hieu-Pagode wurde im Jahr 1843 erbaut und ist eine der massivsten, ältesten und herausragendsten Pagoden in der Kaiserstadt.

Sie wurde vom Mönch Thich Nhat Dinh gegründet und zwischen Pinienhainen nördlich des Grabmals von Tu Duc inmitten eines sichelförmig angelegten Lotusteichs errichtet.

Der buddhistische Mönch pflegte seine alte Mutter bis zu ihrem Tod. König Tu Duc war von dessen Hingabe und Fürsorge für seine Angehörige derart beeindruckt, dass er die Pagode “Tu Hieu” benannte. Übersetzt bedeutet der Name soviel wie Dankbarkeit der Kinder für ihre Eltern.

Die Pagode ist von einem großen grünen Innenhof umgeben, der von uralten, knorrigen Bäumen gesäumt ist.

Auch findet man mehrere hübsche chinesische Pavillions rund um den Fischteich. Wegen der einmaligen Lage und des leicht morbiden Charmes hat man das Gefühl, durch einen verwunschenen Garten zu wandern.


Cung Diên Thọ (Dien Tho-Palast)

Der Dien Tho-Palast, 1803 unter der Herrschaft von Kaiser Gia Long als exklusiver Palast für die Kaisermutter entstanden, diente als einer der Hauptpaläste innerhalb der Zitadelle von Hue.

Das Haus ist ein rechteckiges einstöckiges Gebäude, eingerahmt von 4 Säulen rund um das Entrée. Dieses Anwesen wurde ebenfalls für Empfänge und Veranstaltungen genutzt.

Wie man sieht, hat dieses Herrenhaus schon einmal bessere Zeiten erlebt. Wie bei vielen anderen Gebäuden hat der Zahn der Zeit am Mauerwerk genagt und bedarf einer gründlichen Renovierung.

Doch wir sind fasziniert von diesem halb verfallenen vietnamesischen Wunderland.

Der Cung Diên Thọ umfasst verschiedene Pavillons und Höfe, die harmonisch miteinander verbunden sind. Besonders charmant: der kleine Pavillon mit seinem bezaubernden Steingarten.

Natürlich begeben wir uns auch ins Innere des Palastes. Hier ein Blick in die ehemalige, komplett in Rottönen bemalte Bibliothek mit Kassettendecke.

Zu sehen gibt es royales Mobiliar, echte chinesische Bodenvasen sowie antike Teak-Truhen. Die dekorativen Schnitzereien und vergoldeten Zeichen sind typisch für die vietnamesische königliche Architektur.

Interessant sind vor allem die diversen Altäre, die auch heute noch im Rahmen des Ahnenkults genutzt werden. Vor allem von den zahlreichen asiatischen Besuchern.

Die chinesische Kultur und Tradition haben einen erheblichen Einfluss auf Vietnam gehabt, insbesondere während der Zeit der chinesischen Herrschaft. Viele kulturelle Bräuche, darunter auch die Ahnenverehrung, wurden von China übernommen.

Der Ahnenkult ist eine tief verwurzelte kulturelle Praxis in vielen süd- und ostasiatischen Ländern, einschließlich Vietnam. Es ist eine Form der Respektbezeugung und Ehrung gegenüber den Vorfahren, die als Bindeglied zwischen den Lebenden und den Toten betrachtet werden. Altäre werden oft mit Bildern, Statuen oder Puppen von Ahnen geschmückt.


Thien Mu-Pagode

Eine der bekanntesten Bauwerke von Hue ist diese “Pagode der Himmlischen Dame” – wiederum ein beeindruckendes Beispiel für die traditionelle vietnamesische Pagodenarchitektur. Die Thien Mu-Pagode liegt in einem hübschen Garten direkt am Ufer des Parfümflusses.

Die 1601 vom Fürsten Hoang errichtete Pagode wird von einem siebenstöckigen, achteckigen Turm überragt. Er heißt “Thap Phuoc Duyen” (“Quelle der Freude”).

Im Gegensatz dazu stehen in einem zweiten Pavillon Statuen der “Könige der Hölle”. Interessant ist hier der rosafarbene Anstrich – nicht gerade eine Symbolfarbe für das Reichs der Finsternis.

Ein weiteres Kuriosum: In einer offenen Garage bei den Mönchsunterkünften entdecken wir eine ganz besondere Attraktion. Nämlich den blauen Austin des Mönchs Thich Quang Duc. Mit diesem Wagen fuhr er im Jahre 1963 nach Saigon, um sich aus Protest gegen das Diem-Regime selbst zu verbrennen.


Grabmal von Tu Duc

Dieses 5 km südlich von Hue gelegene Grab von 1867 ist das beeindruckendste der königlichen Mausoleen, das Kaiser Tu Duc selbst vor seinem Tod entworfen hat.

Es liegt in mitten eines Pinienwaldes mit schönen Lotusteichen und Frangipani-Bäumen.

Die enormen Kosten des Grabes und die für seinen Bau aufgewendete Zwangsarbeit führten zu einem Putschversuch.

Übrigens: Alle an der Bestattung Beteiligten sollen später hingerichtet worden sein, um Tu Ducs letzte Ruhestätte vor Grabräubern zu schützen.

Vom Eingang führt ein Weg zum Luu-Khiem-See. Auf der winzigen Insel Tinh Khiem jagte Tu Duc einst Kleinwild. Auf der anderen Seite des Wassers befindet sich der XungKhiem-Pavillon, in dem er mit seinen Konkubinen saß und Gedichte verfasste oder rezitierte.

Im Hoa-Khiem-Tempel werden Tu Duc und seine Frau Hoang Le Thien Anh, bis zum heutigen Tage verehrt.


© Redaktion: Jörg Baston & Nathalie Gütermann. Fotos: Jörg Baston


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