Omans Weihrauch-Mystik: Tradition & Nutzen

Der omanischer Weihrauch zählt zu den hochwertigsten Essenzen der Welt. Die Hauptstadt der südlichen Provinz Dhofar spielte schon in der Antike eine zentrale Rolle im Weihrauchhandel, und bis heute befinden sich dort, in Salalah, die größten Vorkommen der Boswellia-Bäume. Aus deren Rinde wird das kostbare Baumharz gewonnen, das nicht umsonst als “Weißes Gold” bezeichnet wird. Warum dies so ist, steht hier…

Der würzig-süße Duft von Weihrauch, im Arabischen “Luban” genannt, ist im Sultanat Oman allgegenwärtig: In Wohnhäusern, Moscheen, Basaren, Restaurants und in Hotels – wie zum Beispiel in unserem luxuriösen Shangri-La Al Husn in Maskat.

Der deutscher Generaldirektor René Egle kam auf die innovative Idee, den Hotelgästen die Geschichte, Kultur und Tradition des Weihrauchs auf eine besonders originelle und praktische Weise näherzubringen. So gibt es mittlerweile einen hoteleigenen Weihrauch-Garten, einen Weihrauch-Spa, einen Weihrauch-Cocktail und sogar einen Weihrauch-Butler.

Der gebürtige Omani Khalid Al Amri hat eine mehrjährige Ausbildung über das “Weiße Gold” absolviert. Während eines Rundgangs im Weihrauchgarten des Resorts hat uns Khalid in die Geheimnisse des mystischen Produkts eingeweiht.


Der “Weihrauch-Butler” vom Shangri-La

Zwar hatten wir bei unserem Besuch im Mutrah Souk in Maskat oder im Bait al-Zubair Museum schon erste Erkenntnisse über das landestypische Räucherwerk gewonnen.

Doch am meisten haben wir von unserem “Weihrauch-Butler” gelernt: Von den Ursprüngen des vielseitigen Produkts, der Ernte und dem Herstellungsprozess in Dhofar über die spirituelle Bedeutung bei Festlichkeiten bis hin zu den gesundheitlichen Vorteilen des omanischen Weihrauchs. Jeetzt sind wir “in the know”…!

Gerne teilen wir unser Wissen mit unserer Leserschaft…


Geschichte

Weihrauch spielte in der antiken Welt eine bedeutende Rolle. Seine Geschichte reicht bis in die Bronzezeit zurück, wo er in Mesopotamien, Griechenland und Ägypten Verwendung fand.

In Ägypten wurde Weihrauch von Pharaonen (hier: König Ramses III) und Priestern bei Mumifizierungsritualen und kultischen Handlungen verwendet. Die duftenden Schwaden symbolisierten Reinheit und die Verbindung zwischen der irdischen und der göttlichen Welt.

Die alten Römer nutzen die Essenz sogar für Parfum.


Religion

Früher wurden die teuren Weihrauchperlen entlang der Weihrauchstraße in nahezu alle Ecken der antiken Welt verkauft. Es war so wertvoll wie Gold, wurde Königen und Sultanen zum Geschenk gemacht und galt als “Duft der Götter”. Zeitweise wurde Weihrauch sogar als Zahlungsmittel verwendet. Bis heute spielt das duftende Harz eine herausragende Rolle.

In zahlreichen Kulturen und Religionen wird Weihrauch erwähnt. Man denke nur an die Weihnachtsgeschichte! So haben gemäß des Evangeliums die Heiligen Drei Könige aus dem Morgenland dem neugeborenen Jesuskind als Zeichen ihrer Anbetung Geschenke dargebracht. Neben Gold und Myrrhe eben auch Weihrauch – symbolisch für den Segen Gottes.

In der katholischen Kirche kennt man das heilige Räucherwerk auch von Zeremonien wie etwa der Heiligen Kommunion.  Die Gebete sollen, so die Vorstellung, mit dem aufsteigenden Rauch direkt zu Gott gelangen…


Herkunft: Dhofar

Weltweit gibt es mehrere Herkunftsgebiete für Weihrauch, doch der omanische “Al Hojari Luban” gilt aufgrund seiner transluzenten Stücke, seines balsamisch-harzigen Aromas und seiner hohen Reinheit als besonders hochwertig.

Gewonnen wird der Duftharz rund um Dhofar im Süden des Omans, an der Grenze zu Jemen. Aufgrund der günstigen geografischen Lage am “Weihrauchpfad”, einer bedeutenden Handelsroute zwischen dem Oman und dem Mittelmeerraum, erlangte die Region schon im Altertum immense historische Bedeutung als Dreh- und Angelpunkt des Weihrauchhandels. Im Jahr 2005 wurde das Gebiet als “Land des Weihrauchs” in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.

Dhofar bietet Dank seiner sehr trockenen, bergigen Landschaft sowie seines sonnigen Klimas mit extrem wenig Niederschlag ideale Bedingungen für das Wachstum der Boswellia-Bäume. Die Erntezeit ist von großer Bedeutung, da die Qualität des Harzes von der Jahreszeit und den klimatischen Bedingungen abhängt.

Sicher ist: Das gesamte Prozedere der Weihrauchgewinnung ist besonders zeit- und arbeitsintensiv. Es erfordert größtmögliche Sorgfalt, Geschicklichkeit und vor allem eine langjährige Erfahrung der Landarbeiter. Deshalb ist das Endprodukt auch so teuer. Bis zu 100 Omanische Rial kostet das Kilo, umgerechnet etwa 240 Euro.


Gewinnungsprozess

Vor Beginn der Erdölgewinnung war Weihrauch das Top-Exportgut im Land. In Zahlen: Schätzungsweise werden rund um den Erdball zwischen 5.000 und 10.000 Tonnen Weihrauchharz jährlich produziert. Mit einem Anteil von ca. 60-70% der weltweiten Produktion ist Oman bis zum heutigen Tag der wichtigste Produzent.

Auf einer Tafel im Weihrauch-Park wird der Produktionsprozess Schritt für Schritt erklärt. Ein Boswellia-Baum muss zunächst einmal rund zehn Jahre wachsen, bevor er erstmals angeschnitten bzw. “angezapft” wird.

Um den wertvollen Harz zu gewinnen, wird die Borke an mehreren Stellen mit bis zu 30 Schnitten vorsichtig angeritzt. Diese dürfen allerdings nicht zu tief sein, denn sonst trocknet der Baum aus.

An den Schnittstellen tritt dann ein milchiger Harzsaft aus, der an der Luft zu harten Tropfen trocknet. Nach ca. drei bis vier Wochen wird das trocknete Harz abgekratzt und geerntet. Insgesamt sind bis zu drei Schnitt-Durchgänge notwendig, bis das Naturprodukt die beste Qualität hat und weißlich glänzt.

Schließlich werden die Teile in noch kleinere Stücke gebrochen, gereinigt und zu den Weihrauchperlen verarbeitet, die dann in verschiedener Größe und Qualität im Handel erhältlich sind.


Gesundheitliche Vorteile

Weihrauch wird im Oman nicht nur wegen seines angenehmen Dufts und seiner spirituellen Bedeutung geschätzt, sondern auch wegen seiner positiven Auswirkungen auf die Gesundheit. Dem Harz wird eine desinfizierende, schmerzlindernde, entzündungshemmende und sogar antidepressive Wirkung zugeschrieben, was von der modernen Weihrauchforschung bestätigt wird.

Bereits vor Tausenden von Jahren wurde “Luban”erfolgreich angewendet. Hippokrates, und später Hildegard von Bingen, empfahlen den Einsatz von Weihrauch zur Bekämpfung von Gesundheitsproblemen. Zum Beispiel zur Behandlung von Hauterkrankungen und Arthrose, zur Linderung von Atemwegserkrankungen, zur Förderung der Verdauung und zur Unterstützung des Immunsystems.

Das natürliche Nahrungsergänzungsmittel gibt’s heutzutage als Tee, Pulver, Tinktur oder in Kapselform. Allerdings ist es wichtig, einen erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker zu konsultieren, um die richtige Dosierung für die jeweiligen Bedürfnisse zu bestimmen.


Luban Spa, Shangri-La

Weihrauch findet außerdem vielfältige Anwendungen in der Kosmetik, in Spas und Massage-Tempeln – wie hier im “Luban Spa” des Shangri-La Al Husn.

In dieser Wellness-Oase werden ausschließlich wertvolle Weihrauch-Produkte verwendet. Nach meinen ausgiebigen Wellness-Erfahrungen in Thailand mit Jasmin-, Lavendel-, Zitronengras- oder Kokos-Essenzen, ist der Weihrauchduft mal etwas ganz Neues für mich!  Und der ist in der Tat herrlich würzig, mit einer leicht-süßlichen Honignote.

Laut meiner Therapeutin Miss Mega hat das Weihrauchöl eine besonders wohltuende Wirkung auf der Haut. Die ätherischen Essenzen fördern die Durchblutung und sollen zu einem strahlenden Teint beitragen. Na also… bei diesem Versprechen kann ich nicht widerstehen… 🙂

Ich muss zugeben: Der warme, balsamische Duft von Weihrauch wirkt unglaublich beruhigend. Wer also Stress und Anspannung abbauen will, ist hier goldrichtig.

Es gibt mehrere “Signature Massages”. Ich entscheide mich für den 90-minütigen “Francincense Trail” und kann seither bestätigen: Die Bezeichnung “Duft der Götter” ist definitiv zutreffend.


Luban-Cocktail “Phönix”

Abends dann die Überraschung schlechthin. Der Shangri-La-Direktor erwartet uns in der schicken Piano Lounge & Bar des Al Bandar.Hotels und läßt einen köstlichen Drink servieren: einen Luban-Cocktail!

Wie bitte? Ein Mixgetränk aus Weihrauch…? Etwas ungläubig schauen wir auf die Zutaten, die vor uns aufgebaut werden. Noch so eine originelle Idee von René Egle. “Probieren Sie mal..!”

Das lassen wir uns nicht zweimal sagen… denn wann kommt man schon in den Genuß, einen “geräucherten” Whiskey zu trinken? Die Neugier siegt.

“Phönix” heißt der Drink, angelehnt an den geheimnisvollen Vogel aus Südarabien. Der Legende nach soll er sich “von den Tränen des Weihrauchbaums, vom Tau des Himmels und von Weihrauchblüten ernähren”. Eine schöne Vorstellung!

Nach dem ersten Wow-Effekt verrät uns René Egle die Zutaten: Bourbon Whiskey, hausgemachtes Limoncello, Francincense Syrup, Ricard Pastis und einen Schuß Angostura Bitter. Die extakte Abmessung in Milliliter bleibt natürlich ein Geheimnis des Mixologists…

Der Cocktail wird dann tatsächlich mit Weihrauch aromatisiert,  und zwar mittels einer luftdichten Glasglocke, die über das Getänk gestülpt wird. Die Schwaden des Duftharzes infundieren das Glas mit dem unverwechselbaren Luban-Aroma, was dem Getränk eine außergewöhnlich holzige, rauchige Note verleiht. Ein Eiswürfel dazu, umrühren, fertig!

Und das Ergebnis? In der Tat außergewöhnlich…köstlich!


Weihrauch für den Eigengebrauch

Weihrauch kann eine ruhige und wohltuende Atmosphäre in Ihrem Zuhause schaffen, und wer spirituell veranlagt ist, nutzt den Aromaharz auch zur Segnung seines Hauses.

Im Handel gibt’s Duftlampen, Weihrauchbrenner und Francincense-Räucherstäbchen, doch wer es den Omanis nachmachen möchte, dem erklären wir hier die originale Anwendung zum Beweihräuchern eines Raums.

Benutzen Sie ein feuerfestes Gefäß und am besten geruchsarme, selbstzündende Kohle. Diese muss vollständig durchglühen (ca. 5  Minuten).

Alsdann legen Sie mit der Räucherzange die kleinen Weihrauchperlen auf die heiße Kohle.

Mit dieser Räuchermethode erzielen Sie einen wunderbar intensiven Geruch und augenblicklich fühlt man sich wie im Land der Scheherazade.

Achten Sie jedoch stets auf die Sicherheitsvorkehrungen. Brennen Sie die Weihrauchkügelchen stets in einem dafür vorgesehenen, feuerfesten Weihrauchgefäß ab.

Abschließend lässt sich sagen: Weihrauch ist ein kostbares Geschenk der Natur, das uns während unserer Rundreise durch den Oman nicht nur auf Schritt und Tritt begleitet hat, sondern das wir in diesem faszinierenden Land auch in jeder Beziehung schätzen gelernt haben. Nicht zuletzt auch Dank unseres “Luban-Butlers” Khalid Al Amri.

Zum Abschluß unserer “duften Reise” haben wir am letzten Tag unseres Aufenthalts noch ein hübsches Räuchergefäß sowie ein Paket mit Luban-Perlen im Mutrah Souk in Maskat erstanden. Fortan wird uns der intensive, sinnesbetörende Duft auch in unserem Eigenheim immer an omanische Basare, faszinierende Wüstenlandschaften und mystische Rituale erinnern.

Omanisches Weihrauch…! Das ist vielleicht das schönste Souvenir, dass man aus dem Sultanat mit nach Hause nehmen kann.


© Text & Fotos: Nathalie Gütermann & Jörg Baston


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