Sohar: Markttreiben & Moschee-Mystik

Die Hafenstadt Sohar ist kein typisches Touristenziel. Wer klassische Sehenswürdigkeiten wie Museen, Palästen und Souks besuchen möchte, ist in Maskat besser aufgehoben. Dennoch möchten wir Ihnen einen Abstecher nach Sohar ans Herz legen, denn dort gibt’s eine Attraktion, die wir nirgendwo sonst gesehen haben. Nämlich eine spektakuläre Fischmarkthalle, wo man so richtig in das Alltagsleben der Omanis eintauchen kann. Und: am Rande der Stadt erhebt sich die schönste Sultan-Quaboos-Moschee im Sultanat. Deshalb ist die Stadt perfekt für alle, die authentische Erlebnisse abseits der ausgetretenen Touristenpfade suchen.

Sohar liegt an der nördlichen Küste des Omans und hat eine lange Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Die Stadt war einst ein wichtiger Handelshafen und spielte eine bedeutende Rolle im maritimen Handel zwischen dem Orient und dem Rest der Welt.

Angeblich soll Sindbad der Seefahrer, eine zentrale Figur im Märchen “1001 Nacht”, in Sohar geboren worden sein.


Geschichte von Sohar

Von der glanzvollen Stadtgeschichte ist allerdings nichts mehr zu sehen. Der Grund?Missgunst und Neid! Dass Sohar bis ins 10. Jahrhundert als das “Tor nach China” galt, fuchste die Konkurrenz in Persien, denn von hier starteten die lukrativsten Handelsreisen in den Fernen Osten.

Um die Vormachtstellung Sohars im Überseehandel zu brechen, überfielen daher die Buyiden die Stadt im Jahre 971  und zerstörten sie, ebenso wie die im Hafen liegende Flotte und das Sohar Fort.

Die Festung wurde mittlerweile restauriert und ist für Besichtigungen geöffnet.

Heute ist Sohar eine moderne Stadt mit einer blühenden Industrie. Dank verschiedener Branchen wie Chemie, Stahlproduktion und Aluminiumverarbeitung trägt sie maßgeblich zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes bei.


Attraktion 1: Fischmarkt & Umgebung

Bevor wir uns zum dem besagten “gedeckten” Fischmarkt begeben, schlendern wir noch ein paar Minuten am Ufer entlang. Da und dort ziehen die Fischer ihre Netze ein und andere nutzen noch alte Techniken zum Fischfang. So werden Meerestiere mitunter auch in traditionellen “Fischkäfigen” gefangen.


Maritime Handwerkskunst

Auf dem Weg zum Markt werfen wir noch einen kurzen Blick in die diversen kleinen Shops und Werkstätten, die sich rund um die Fischmarkthalle gruppieren. Interessant ist dieser Betrieb, wo Fischnetze und -Käfige noch wie anno dazumal in mühsamer Handarbeit hergestellt werden.

Wir finden den Prozess derart faszinierend, dass wir hier verweilen, um den Arbeitern über die Schultern zu schauen. Fischkäfige, auch als Fischreusen oder Fischfallen bekannt, werden zum Teil aus natürlichen Materialien wie Bambus oder Schilfrohr, aber auch zunehmend aus dünnen Stahldrähten.

Deren Herstellung ist ein komplexer und mühsamer Prozess, der mehrere Schritte umfasst. Die verzinkten Stahldrähte werden zunächst in unterschiedliche Längen geschnitten, danach geflochten und gebunden.

Diese festen Strukturen sind im Vergleich zu Pflanzenfasern natürlich wesentlich widerstandsfähiger gegenüber den Kräften des Meeres und daher für moderne kommerzielle Fischereibetriebe besonders geeignet.

Am Ende des Herstellungsprozesses werden Netze am Rahmen des Käfigs befestigt, um die Fische im Inneren zu halten.


Die Fischhalle von Sohar

Wie eingangs erwähnt, ist der Fischmarkt eine Attraktion für sich, denn er bietet einen unvergleichlichen Einblick in die reiche maritime Tradition des Omans.

Die moderne, schneeweiße Markthalle gilt als die größte des Landes und hat ein stattliches Ausmaß von sicherlich hundert Metern. Auch architektonisch ist dieser Hallenbau beeindruckend, denn er wurde in Form einer Dhow errichtet. So nennt man die traditionellen arabischen Segelschiffe, die ein Wahrzeichen des Sultanats sind. Hier geht’s zum ausführlichen Bericht!

Der “Fish Market of Sohar” ist täglich von 6:00 – 12:00 Uhr geöffnet, doch sollte man so früh wie möglich kommen, um das quirlige Ambiente so richtig authentisch zu erleben.


Die Markt-Atmosphäre

Der Geruch von frischem Fisch, Salz und Meerwasser liegt schwer in der Luft und vermischt sich mit dem Aroma exotischer Gewürze, als wir die weitläufige, lichtdurchflutete Großmarkthalle betreten. Wir sind die einzigen Touristen hier.

Schon der erste Blick sorgt für einen Wow-Moment. Omanis und indische Händler mit ihren Kappen (Mussars) und Turbanen, dazwischen die Fischer und Käufer in Dishdashas, sorgen für ein buntes Markttreiben. Zwischen 7 und 8 Uhr früh ist das Feilschen um den Fang der Nacht am lebhaftesten.

Die jeweiligen Fänge werden von den potentiellen Abnehmern kritisch in Augenschein genommen, man tauscht sich fachmännisch aus, Angebote werden unterbreitet, verändert oder wieder verworfen. Auffallend: Im Gegensatz zu dem in normalen Fischmärkten zu beobachtenden schreierischen Verkaufsgebahren, ist hier die Verhandlungsatmosphäre eher ruhig und sehr professionell.

Besucher sind willkommen, und so mischen wir uns mit größtem Vergnügen “unters Volk”, denn außer dem berühmten Kamelmarkt in Nizwa gibt’s wohl kaum ein authentischeres Erlebnis als dieses hier. In einem islamisch-geprägten Land nicht verwunderlich: Die Fischmarkthalle in Sohar ist eine reine Männer-Domaine!.

Gewissermaßen ist der Fischmarkt auch ein sozialer Treffpunkt für die männlichen Bewohner von Sohar.

Daher: Frauen sieht man hier überhaupt nicht! Deshalb falle ich natürlich aus dem Rahmen, noch dazu als Ausländerin. Doch ich werde mit großer Achtung und Herzlichkeit behandelt, wie man hier sehen kann…

“Und kommen Sie…”, sagt dieser Fischverkäufer lächelnd zu meinem Mann “Auch für Sie gibt’s natürlich ein Erinnerungsfoto!” Das lässt sich Jörg nicht zweimal sagen – sehr zum Spaß der Anwesenden.


Fischers’ Fritze…

Auf den langgestreckten Tischplatten stapeln sich Fische in allen Formen, Größen und Farben: marmorierte Tintenfische, orangefarbene Garnelen, silbrig glänzende Brassen, tiefrote Langusten und Buntbarsche…

… und sogar grünblaue Papageien- und Lippfische. Allesamt eher außergewöhnliche Fischsorten.

Wie wär’s mit einer Delikatesse zwischendurch? An diesem Meeresfrüchte-Stand probieren wir frittierte Shrimps, Meeresschnecken und Muscheln…

… und ein paar gigantische Austern. Genuss pur. Nur der Champagner fehlt!

Natürlich gibt’s neben exotischem Meeresgetier auch die üblichen Klassiker für den lokalen Verzehr. Die häufigsten im Oman gefangenen Fischarten sind Sardinen, Makrelen und Thunfisch. Andere beliebte Speisefische sind Kabeljau, Schnapper, Grouper und Wolfsbarsch. Zu den Exportgütern zählen Hummer, Rochen und sogar Haie.

Das rhythmische Klappern der Messer auf den Schneidebrettern, die glucksenden Frischwasserbecken, scheppernde Kisten und Waagen, klirrende Eiswürfeln und das Gemurmele der Einkäufer fügen sich zu einer charakteristischen Klangkulisse.

Die Atmosphäre ist eine angenehme Mischung aus geschäftigem Treiben und entspannter Gelassenheit.

Besonders gefällt uns die “Bildergalerie”, die die Wände der Markthalle schmücken. Großformatige Fotos stellen typische Fischerszenen dar: Vom mühsamen kollektiven Fischfang, bei dem die schweren Netze kollektiv an den Strand gezogen werden, …

… über die fast schon heroisch anmutende Fangleistung einzelner Fischer….

… bis hin zur Filettierung und zum Verkauf der Ware auf eben diesem Fischmarkt.

Die alten Fotos sind zwar schon von der Sonneneinstrahlung durch die Oberlichter der Halle leicht verblast, aber illustrieren sehr anschaulich die gesamte Wertschöpfungskette der Fischerei. Sie sind ein eindrucksvolles Zeugnis der maritimen Kultur im Sultanat, die heute genauso gelebt wird wie in früheren Zeiten.

Begeistert konstatiert das Asien-Lifestyle-Team: Der gedeckte Fischmarkt von Sohar ist ein Ort, den man auf seiner Reise durch den Oman unbedingt besuchen sollte. Wer keinen frischen Fisch kaufen will, kann sich übrigens auch mit Trockenfisch eindecken.

In diesem Krämerladen am Wegesrand kaufen wir ein paar Tüten, denn vor allem getrocknete Sardinen gelten als köstlicher und nahrhafter Snack.

Allerdings ist mir diese Knabberei dann doch ein wenig zu salzig. Ich kaufe lieber ein paar süße Früchte auf dem Obst- und Gemüsemarkt gegenüber der Fischmarkthalle.

Stapelweise frische, exotische Früchte türmen sich vor uns auf. Neben den bekannten Obstsorten wie Ananas, Melonen und Orangen entdecken wir auch seltene Schätze: Durian-, Tamarinden- und Mangosteen-Früchte.

Fazit: Wer gerne auf Fisch- und Frischmärkten einkauft, oder zumindest mal in die einzigartige Atmosphäre eines geschäftigen Handelsplatzes eintauchen möchte, der ist in Sohar goldrichtig. Fernab von jeglichen Touristentrubel in Nizwa oder Maskat. 


Attraktion 2: Sultan-Quaboos-Moschee

Bereits bei der Anfahrt zu der Sultan-Qaboos-Moschee wird deutlich: Das ist nicht irgendeine der vielen Moscheen im Oman!

Sie ist vielmehr ein beeindruckendes architektonisches Meisterwerk – eine Hommage an den verstorbenen Sultan Qaboos bin Said al Said, der fast 50 Jahre lang das Sultanat Oman regierte.

Die riesige Moschee verfügt über drei Haupteingänge, vier Minarette und eine große blaue Hauptkuppel, eingebettet in eine gigantische Parkanlage. Doch kein Oman-Besucher scheint von der erst im Jahr 2006 fertiggestellten Moschee gehört zu haben. Denn als wir das riesige Gelände am Stadtrand von Sohar betreten, sind wir völlig allein.

Stille umgibt uns, und stundenlang ist keine Menschenseele zu sehen. Und so können wir in aller Ruhe dieses Heiligtum besichtigen, das für uns zu den schönsten Sehenswürdigkeiten im ganzen Land gehört. Wir finden: Dieses Bauwerk ist sogar noch schöner als die Große Sultan-Quaboos-Moschee in Maskat.

Der Haupteingang ist atemberaubend schön – ein Fest der Farbe und Kunstfertigkeit! Das gigantische Tor ist verziert mit Mosaiken aus geometrischen Mustern, arabischer Kalligraphie und Blumenranken. Hier lohnt es sich, auf der Treppe kurz innezuhalten, um die prachtvollen Details aus der Nähe zu betrachten.


Die Moschee im Detail

Die Sultan-Qaboos-Moschee in Sohar unterscheidet sich stark von anderen Königsmoscheen im Sultanat. Das markante Merkmal der Moschee ist zweifellos ihre imposante Hauptkuppel, die sich majestätisch über dem Gebäude erhebt.

Sie ist 43 Meter hoch und mit blauen bzw. türkisfarbenen Kacheln bedeckt, die im hellen Sonnenlicht schimmern und der Moschee eine beeindruckende Silhouette verleihen.

Das gesamte Gebäude ist im omanischen Stil gestaltet. Hübsch verzierte Holzelemente ergänzen den weiß-goldnen Marmor und bilden einen reizvollen Kontrast.

Überhaupt ist die gesamte Architektur hoch elegant. Sie ist geprägt von fein gearbeiteten Bögen, Säulen und Kuppeln.

Dieser Ort ist wirklich ein atemberaubendes Beispiel für die exzellente islamische Handwerkskunst.

Hingucker: Der Haupthof ist von einer riesigen Marmorfläche bedeckt. Sie ist derart auf Hochglanz poliert, dass sich die umliegenden Gebäude darin spiegeln.

Wie in allen Moscheen im Sultanat sind Besucher angehalten, sich strikt konservativ zu kleiden. Frauen müssen ihre Arme, Haare und Beine bedecken. Und grundsätzlich gilt: Schuhe ausziehen! Das Innere darf nur barfuss oder mit Socken betreten werden.


Der Innenraum

Die Gebetshalle ist geräumig und mit wunderschönen Kronleuchtern und kunstvollen Wanddekorationen ausgestattet. Der Hauptgebetssaal bietet Platz für bis zu 4600 Gläubige.

Die Halle ist erfrischend kühl in Weißtönen gehalten, mit hoch aufragenden Säulen, kunstvoll geschnitzten Gipswänden und einem gigantischen Teppich. Der zentrale Kronleuchter ist großartig, besonders wenn er beleuchtet ist.

Jedes einzelne Detail spiegelt die Hingabe zum Glauben und die Liebe zum Handwerk wider.

Wie die meisten anderen Moscheen im Sultanat Oman ist die Sultan-Qaboos-Moschee in Sohar wochentags zwischen 8 und 11 Uhr morgens für alle Besucher geöffnet. Nur Freitags ist sie für Touristen geschlossen.


© Text & Fotos: Nathalie Gütermann & Jörg Baston


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