Malaysias Modellstadt: “Smart City” Putrajaya

Am 1. Februar 1995 wurde Putrajaya offiziell zur Bundeshauptstadt von Malaysia erklärt. Die Vorzeigestadt, rund 25 Kilometer von KL entfernt, beherbergt seither sämtliche Regierungs- und Verwaltungsgebäude des Landes und ist wahrhaftig ein Vorbild der modernen Stadtplanung. Obwohl es keine klassischen “Malls”, Restaurants, Bars oder gar Clubs dort gibt, lohnt sich ein Besuch allemal. Was den Charme dieser “Smart City” am Putra-See ausmacht, verraten wir Ihnen hier…

Auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Melaka gönnen wir uns einen Abstecher nach Putrajaya. Wir hatten bereits viel von dieser modern-futuristischen “Modellstadt des 21. Jahrhunderts” gehört und waren neugierig geworden. Und wir wurden nicht enttäuscht!

Putrajaya liegt am idyllischen Putra-See. Mit dem Zug dauert die Fahrt nur 20 Minuten, mit dem Auto etwa 30 – 40 Minuten. Wir waren an einem Sonntag dort und hatten die “Modellstadt” für uns allein, denn Büros und Behörden waren geschlossen. Nur ein paar Radfahrer waren unterwegs. Zum Shopping oder Amüsement kommt man sowieso nicht hierher, denn Einkaufzentren gibt’s ebenso wenig wie nächtliches Entertainment.

Trotzdem mögen wir diesen Ort sehr, denn der Reiz von Putrajaya liegt in der einzigartigen Mischung aus landschaftlicher Schönheit, innovativer urbaner Architektur und futuristisch-eleganter Atmosphäre.


Verwaltungszentrum des Landes

Um Missverständnisse zu vermeiden: Die Hauptstadt von Malaysia ist Kuala Lumpur, aber Putrajaya ist die administrative Zentrale des Landes.

Die Absicht der Regierung war es, eine weitere Überlastung von “KL” zu vermeiden und die Administrationen zu dezentralisieren. “Wenn schon”, so dachten sich wohl die Baumeister, “schaffen wir mal etwas ganz Neues und Innovatives!” Und so wurde Putrajaya, seit 1995 der offizielle Regierungssitz, nach modernsten städtebaulichen Konzepten entworfen.

Wir jedenfalls sind beeindruckt von den ikonischen Bauwerken, die eine völlig avantgardistische Vision repräsentieren. Ein solches Stadtbild haben wir in einem traditionell geprägten Land wie Malaysia nicht erwartet! Und so begleitet uns eine gewisse Bewunderung für die kreativen und innovativen Architekten auf unserem Spaziergang durch die Stadt.


Architektonischer Gesamteindruck

Jedes einzelne Bauwerk ist anders als das andere konzipiert, und dennoch ergibt sich im Großen und Ganzen ein harmonisches Bild.

Im Ansatz ist Putrajaya mit Brasilia vergleichbar, der Hauptstadt von Brasilien – einst von Oscar Niemeyer als monumentales Modell der architektonischen Moderne entworfen. Nur ist Putrajaya sauberer und viel schöner.

Es macht schon Spaß, durch die gepflegten Grünanlagen und verkehrsberuhigten Zonen zu schlendern, während im Hintergrund futuristische Bauwerke in den Himmel ragen.

Der Verwaltungssitz mit seinen Ministerien, diplomatischen Vertretungen, Bildungseinrichtungen und Apartmentblocks zeichnet sich jedoch nicht nur durch die äußerst innovative Gebäudearchitektur aus. Sondern auch durch mehrere avantgardistische Brücken und breite Boulevards.

Hier im Hintergrund: Perdana Putra – Regierungssitz des Premierministers. Die Kuppel wurde während unseres Besuchs gerade renoviert.


Grüne Architektur & Umwelt

Überhaupt wird ständig alles “aufgefrischt”, um dem Stadtbild den überaus sauberen Charakter zu erhalten. Dazu tragen nicht zuletzt auch die vielen begrünten Flächen und künstlerisch ausgestalteten Anlagen und Plätze bei. Überall finden sich Wasserspiele aller Art – darunter Kaskadenwände, Springbrunnen und tanzende Fontänen.

Was für eine willkommene, erfrischende Wohltat im heißen Malaysischen Sommer. Denn je nach Reiseperiode kann das Thermometer schon mal auf über 30°C. klettern…!

Zum städtebaulichen Konzept gehört auch ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein. Die meisten Gebäude sind energieeffizient, auch auf Wasserqualität, Abwassermanagement, Recycling sowie die Biodiversität wird geachtet.

Sogar auf und an den Gebäuden kann man geschickt-begrünte Zonen sehen, wie man sie etwa aus Singapur kennt. Der “grüne Spirit” wird auch durch Radwege gefördert. An Wochenenden treffen sich daher auch viele Fahrrad-Enthusiasten, um durch die Innenstadt oder am Seeufer entlang zu radeln.


Sehenswürdigkeiten


Vielleicht ist es die Kombination aus islamischer Ästhetik und der modernen Designsprache, die einige Gebäude besonders attraktiv machen. Deshalb möchten wir sie hier näher skizzieren.


Putra-Moschee

Wie in einem Märchen aus 1001 Nacht erhebt sich diese prächtige rosafarbene Moschee auf einer Halbinsel am Ufer des Putra-Sees.

Das Bauwerk ist von acht schlanken Minaretten umgeben und von einer riesigen Kuppel überdacht, deren Form von der König-Fahd-Moschee in Marokko inspiriert wurde. Das Design kombiniert geschickt traditionelle islamische und moderne europäische Architekturelemente.

Sämtliche Granit-Elemente sind mit einem rosa-weißen Marmormuster überzogen, was ihr ein sehr elegantes Aussehen verleiht.

Die 1999 erbaute Putra-Moschee ist nicht nur einen Ort des Gebets für die Einheimischen, sondern auch für Touristen zugänglich. Besucher sollten jedoch angemessene Kleidung tragen, wenn sie den Innenbereich betreten möchten. Auch wenn man nicht in diesem Heiligtum verweilt, lohnt sich der Besuch. Denn die Moschee liegt direkt am See, deren Uferpromenaden zum Flanieren einladen.

Adresse: Persiaran Persekutuan, Presint 1, 62502 Putrajaya, Malaysia


Perbadanan Putrajaya Komplex

Dies ist das Hauptquartier der Putrajaya Corporation.

Die Gesellschaft ist für die Planung, Entwicklung und Verwaltung von Putrajaya verantwortlich. Hier sind die Büros der Infrastrukturplanung, der städtischen Entwicklung und des Umweltmanagements untergebracht.


Die “Eiserne Moschee”

Die Masjid Tuanku Mizan Zainal Abidin ist neben der Putra-Mosque eine weitere bemerkenswerte Moschee in Putrajaya. Sie ist aufgrund ihrer markanten, stählernen Kuppel eines der Wahrzeichen der Stadt.

Die Moschee verdankt ihren Namen der riesigen Hauptkuppel, die komplett aus Stahl gefertigt ist: Ihre Architektur vereint moderne und islamische Designelemente. Auch im Innern dominieren Weiß und Metall, die Gebetshalle mit dem Mihrab aus Glas hat ihr ganz eigenes Flair.


Justizpalast

Nach unserem Bummel durch den Perbadanan Putrajaya Komplex geht’s zurück in Richtung Zentrum, wo sich an der Hauptstraße der markante Justizpalast, der Sitz des malaysischen Gerichtssystems, erhebt.

Das Gebäude wurde wie der Perdana Putra im klassischen europäischen Baustil entworfen und erinnert an historische Gerichtsgebäude in Europa. Die weithin sichtbare zentrale Kuppel ist besonders malerisch.

Die große Straße, an der sich der Palast befindet, ist übrigens die Persiaran Perdana mit zahlreichen weiteren interessanten Gebäuden. Es lohnt sich einfach mal die Straße hoch und runter zu schlendern.


Seri Wawasan Bridge

Auch die Seri Wawasan-Brücke ist ein herausragendes Beispiel für moderne Brückenarchitektur. Sie wurde so gestaltet, dass sie die Form eines Federkiels (Tinjau) und einer Bogenbrücke kombiniert. Die Brücke hat zwei Fahrspuren und einen Fußgängerweg.

Die Brücke erstreckt sich über den Putrajaya-See und verbindet verschiedene Teile von Putrajaya. Sie ist ein wichtiger Verkehrsweg, der die Stadt mit dem Wohngebiet verbindet.

Die Brücke hat eine symbolische Bedeutung, da sie die Verbundenheit und den Fortschritt Malaysias repräsentiert. Der Name “Seri Wawasan” bedeutet “Visionär” oder “Zukunftsvision”.


Das Wohngebiet

Allerdings ging der Plan, Putrajaya zu einer Ausweichstadt zu KL zu machen, bis jetzt nicht so wirklich auf. Von den geplanten 300.000 Einwohnern sind gerade mal 80.000 Menschen in die Vorzeigestadt gezogen.

Viele dieser Neubauten stehen leider leer, was sehr schade ist. Denn die Architektur der Wohnanlage ist hübsch, hier gibt es keine hässlichen Zweckbauten oder Hochhäuser. Und auch die Lage am See ist idyllisch. Doch wie es scheint, pendeln die meisten Mitarbeiter der Behörden lieber jeden Tag von KL zur Arbeit, anstatt in Putrajaya dauerhaft sesshaft zu werden.


Seri Gemilang Brücke

Ebenso wie die Seri Wawasan Brücke führt auch diese Brücke über den Putrajaya-See und verbindet verschiedene Teile der Stadt miteinander.

Obwohl sie modern und futuristisch wirkt, sind bestimmte Merkmale ihrer Gestaltung durchaus traditioneller Natur, denn hier wurde islamische Kunst integriert.


Unser Fazit

Für den ein oder anderen Reisenden mag diese “Modellstadt” etwas klinisch anmuten, vielleicht sogar als “Stadt ohne Seele”. Wir sehen das differenzierter: Diese Stadt ist bewusst futuristisch konzipiert und verfügt nicht nur über eine elegante Funktionalität, sondern auch über urbane Ästhetik.

Die architektonische Symbiose zwischen Alt und Neu ist durchaus gelungen, wobei die geschickt platzierten Grünflächen, Parkanlagen und vor allem der idyllische See die modernen Gebäude wunderbar ergänzen und beleben.

Wir jedenfalls haben im Rahmen unserer Malaysia-Tour diese strukturierte, saubere “Smart City” als Wohltat im Vergleich zu vielen sanierungsreifen historischen Bauwerken, hässlichen Hochhäusern und anstrengenden “Gewusele” wie etwa in Kuala Lumpur empfunden.


© Text & Fotos: Jörg Baston & Nathalie Gütermann


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Information

Unser Tipp: Fahrer mieten!

Es ist sinnvoll, in Malaysia einen Fahrer zu mieten, um von A nach B zu kommen. Wir waren sehr mit “Zack” zufrieden, der nicht nur kenntnisreich ist, sondern auch sehr gut Englisch spricht. Er ist der perfekte Guide, und wer sich interessiert, kann ihn direkt per E-Mail kontaktieren:

Mohammad Zarith Zameri: zarithzameri3506@gmail.com