My Son: Tempelstätte im Herzen Vietnams

❂ “My Son” heißt “Schöner Berg” – und an seinem Fuße werden wir fündig! ❂ Inmitten der bewaldeten Region Zentralvietnams erhebt sich eine der wichtigsten Tempelkomplexe Südostasiens als stilles Zeugnis einer längst vergangenen Ära. Hier stellen wir Ihnen die am längsten bewohnte archäologische Stätte Indochinas vor – ein wichtiges Erbe der Cham-Kultur und seit 1999 von der UNESCO anerkannt.

Die Tempelsätte “My Son”, einst das Zentrum des Champa-Reiches, beeindruckt durch ihre antiken Ruinen und ihre historische Bedeutung. Sie liegt nur etwa eine Fahrstunde westlich von der Kanalstadt Hội An, in einem bewaldeten Tal am Fuße des namensgebenden Berges My Son.

Ursprünglich gehörten rund 70 Hindu-Tempel zum Cham-Tempelkomplex, heute nur noch Zweidutzend.

Die steinernen Überreste, die man heute dank der Freilegung und archäologischen Ausgrabungen besichtigen kann, spiegeln nicht nur die Architektur einer früheren Epoche wider. Sie eröffnen auch Einblicke in die  kulturellen Errungenschaften einer längst vergessenen Zivilisation: der Cham.


Das Volk der Cham

Die sunnitisch-muslimische Bauern waren Nachfahren der Bevölkerung des bereits erwähnten Königreichs Champa.

Die Menschen widmeten sich vorwiegend der Landwirtschaft, dem Reisanbau, dem Fischen und dem Handel mit Agrar-Produkten.

Die Cham-Kultur entstand im Laufe des zweiten und dritten Jahrhunderts, und zwar vor allem im heutigen Vietnam sowie in Kambodscha sowie Teilen von Thailand und Laos. Hier oben auf dem Foto: Muslimische Cham-Frauen mit ihren Töchtern.

Im Laufe der Zeit geriet das Cham-Volk unter den Einfluss von Indien und änderte dementsprechend seine Lebensweise und Religion. Fortan akzeptierten die Muslime auch hinduistische und buddhistische Traditionen und Bräuche. Bis heute existiert eine kleine Minderheit der Cham.

Laut Wikipedia leben aktuell 100.000 bis 150.000 Cham in Vietnam, die in der Rangfolge der 53 Minderheiten Vietnams den 14. Platz einnehmen. In ganz Südostasien soll es mehr als 1 Million Cham geben.

Das Reich der Cham überdauerte mehr als 1.600 Jahre, von seiner Gründung im 2. Jahrhundert bis zu seinem Zerfall im Jahr 1832. Was bleibt ist das kulturelle Erbe, das sich in den Bereichen Kunst, Religion und Architektur manifestierte.


Relikte einer blühenden Ära

Nach dem Niedergang des Cham-Reiches verschwand “My Son” weitgehend aus dem kollektiven Gedächtnis. Der Dschungel nahm über die Jahre Besitz von den Tempelruinen, und die Anlage geriet in Vergessenheit.

Unter den wilden Auswüchsen des feuchten Urwalds verfielen die heiligen Stätten nach und nach, ähnlich wie die Khmer-Tempel in Kambodscha.

Erst ein halbes Jahrhundert später, im Jahre 1885, erfolgte die “Wiederentdeckung” von “My Son” durch den französischen Archäologen Henri Parmentier.

Er war es, der die archäologischen Untersuchungen und die Freilegung beziehungsweise Säuberung des Geländes vom Urwald maßgeblich leitete.


Verhängnisvoller Krieg

Während des Vietnamkrieges wurden diese Arbeiten natürlich unterbrochen.

Die Widerstandskämpfer bzw.  Vietkong suchten hier, in “My Son”, Zuflucht und versteckten sich hinter den dicken Tempelmauern.

Da jedoch die USA die gesamte Gegend als “free-fire-zone” erklärt hatte, wurde tragischerweise ein Großteil der Tempelanlage durch die massiven Bombardierungen der Amerikaner beschädigt oder ganz zerstört.

Traurige Gewissheit:

Von den 70 Tempeln, die hier vor dem Krieg noch in weitgehend gutem Zustand gestanden hatten, waren gerade mal 20 übrig geblieben.

Dächer waren eingestürzt und das Backstein-Mauerwerk mit den wertvollen Skulpturen und Reliefs schwer beschädigt.

Allerdings wurden nach dem Krieg intensive archäologische Untersuchungen sowie erhebliche Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt, um die Überreste der Tempel zu erforschen und langfristig zu schützen.

Bis heute wird die gesamte Tempelanlage permanent restauriert.


Tempelkomplex

Am besten erhalten sind die Gruppen C und B mit mehreren schönen Tempelbauten. Dank dieser Karte finden wir problemlos den Weg dorthin.

Wie wir erfuhren, wurden ganz bewusst mehrere Bombenkrater zwischen den Tempelruinen belassen. Als wichtiger Teil der Geschichte Vietnams und als Erinnerung an die US-Bombardierungen im Vietnamkrieg.

Beeindruckend ist besonders die Tempelschatzkammer von Gajalakshmi, der Göttin des Wohlstandes. Man beachte hier vor allem das weitgehend intakte bootsförmige Dach sowie die verzierten Wandpfeiler.

Die aus gebrannten roten Ziegelsteinen gebauten Tempel, die den hinduistischen Gottheiten Shiva und Vishnu gewidmeten sind, gehören ebenfalls zu den Highlights während der Besichtigung.

Die teilweise noch gut erhaltenen Sandstein- und Ziegelreliefs an den verschiedenen Tempelbauten stellen auch andere Gottheiten der hinduistischen und buddhistischen Mythologie dar.

Diese Tempel beeindrucken mit Skulpturen von Tierfiguren, wie zum Beispiel Löwen, Elefanten oder Drachen. Sie haben eine symbolische Schutzfunktion und sollen den Menschen – je nach Glaubensrichtung – vor Bösem bewahren und Glück oder Wohlstand bringen.

Auch kunstvoll verzierte ApsaraFiguren sind zu sehen. Viele Asien-Fans kennen diese himmlischen Wesen als Tempel-Dekoration in Kambodscha. Sie symbolisieren Freude und Harmonie.

Um diesen Traditionsgedanken aufrechtzuerhalten, werden jeden Tag in der “My Son Sanctuary” anmutige  Cham-Tänze von lokalen Tänzerinnen aufgeführt.


Fazit:

Die gesamte Anlage ist schon aufgrund ihrer malerischen Kulisse sehenswert.

Zugleich kann man während eines ausgedehnten Spaziergangs tief in diese geschichtsträchtige Ruinenstätte eintauchen, die den Besuchern die blühende Ära des einstigen Champa-Reiches auf eindrucksvolle Weise näher bringt.

Hier verschmelzen hinduistische und buddhistische Architektur und Spiritualität sichtbar und spürbar, und daher lohnt sich der Abstecher von Hội An allemal. In jedem Hotel kann man eine Tour nach My Son buchen – und das für wenig Geld. Die Fahrt wird mit einem Auto oder Bus organisiert. Es gibt aber auch die Möglichkeit, ein Boot zur Ruinenstätte zu buchen und eine Flussfahrt bei Sonnenuntergang zu genießen. Zum Beispiel über Get your Guide. Ein Dutzend Optionen werden für Exkursionen nach “My Son” angeboten.


© Redaktion: Jörg Baston & Nathalie Gütermann. Fotos: Jörg Baston

Information

Die Anfahrt mit dem Auto zur den Ruinen von “My Son” dauert ca. 1 Stunde.