Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Omans Ruinendorf: Birkat al-Mouz

Das kleine Oasendorf Birkat al-Mouz liegt etwas versteckt am Rande des Hadschar-Gebirges. Es ist gut erreichbar, doch bei den meisten Oman-Besuchern eher unbekannt. Dabei gibt es dort eine Attraktion: Die spektakuläre Ruinensiedlung “Harat as-Saybani”! Hierbei handelt es sich um eine “lost city” – eine verlorene, verlassene Stadt, und gerade darin liegt ihr besonderer Reiz. Wir spazierten durch die verfallenen Häuser, die aufgrund ihres morbiden Charmes jedes Fotografenherz höher schlagen lassen. Auch sehenswert: das uralte, traditionelle Falaj-Bewässerungssystem –  ein UNESCO-Weltkulturerbe.

Das Dorf Birkat Al-Mouz liegt in der Nähe der Stadt Nizwa und ist das Eingangstor zur einzigen Straße, die zum Berg Jebel Akhdar führt. In der Geschichte Omans war dies ein strategisch wichtiger Ort, was sich auch heute noch in den zahlreichen Wachtürmen zeigt, die auf Hügeln und Hängen rund um die Oase verstreut sind.

Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Birkat al-Mouz, dessen Name übersetzt so viel wie “Bananen-Pool” bedeutet, ist eine landwirtschaftliche Gemeinde, in der seit jeher Bananen und Datteln in einem großen Palmenhain angebaut werden.

Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Bewässert wird diese Oase durch das traditionelle, zum Teil unterirdisch verlegte Bewässerungssystem namens Falaj Al-Khatmain – kurz: Falaj. Wir haben bereits ausführlich über dieses ausgeklügelte Prinzip in unserem Bericht über Misfah geschrieben. Das ist ebenfalls ein Bergdorf-Juwel im Hochland des Sultanats. Aber auch hier in Birkat al-Mouz lohnt sich ein Blick in das Tunnelsystem.

Falaj Bewässerungssystem, Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Gegen Ende des Artikels tauchen wir in die Kellergewölbe ab und gehen nochmals näher auf diese Bauart ein.


Ruinensiedlung Harat al-Saybani

Der modernere Teil von Birkat al-Mouz, der sich an die Bergkette des Hajar-Gebirges schmiegt und in dem rund 2000 Einwohner leben, ist nicht sehr interessant. Hier ist die Stadt im Hintergrund zu sehen.

Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Wer von Nizwa kommend einen Abstecher in dieses abgelegene Städtchen macht, der kommt nur wegen der Ruinenstadt hierher. Und die gehört für uns zu einer der Top-Sehenswürdigkeiten im Land. Busladungen von Touristen gibt’s nicht, und so ist man mutterseelenallein auf weiter Flur. Wir jedenfalls waren es, als wir uns anschickten, diese “lost city” zu erkunden.

Ein idealer Ausgangspunkt, um die Besichtigung zu beginnen, ist das Gästehaus “Bait Al Sabah Heritage Inn”.

Gästehaus "Bait Al Sabah Heritage Inn", Birkat al-Mouz, Oman. © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Dort gibt’s ein charmantes Café auf der hoteleigenen Dachterrasse, mit Panoramablick auf die bizarre Ruinen-Szenerie. Die Überreste der ehemals schmucken Lehmhäuser sind steingewordene Zeugen jener Zeit, als die damaligen Bewohner mit Sack und Pack ihr Zuhause verließen.

“Warum?” frage ich mich spontan. Was hat die Menschen bewogen, die Flucht zu ergreifen?

Nun, vielleicht werden wir während unseres Rundgangs die Geheimnisse entschlüsseln, die hier teilweise unter Schutt und Asche begraben sind. Ein erster Schritt, um zu verstehen, was einst an diesem Platz geschehen war, ist die Inschrift auf einem Schild neben dem Eingang des renovierten Gästehauses.

Gästehaus "Bait Al Sabah Heritage Inn", Birkat al-Mouz, Oman. © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

„Willkommen in Harat-al-Siybani, der historischen Siedlung von Birkat al- Mouz, die zuletzt im 17. Jahrhundert wieder aufgebaut wurde. Es besteht aus 50 verlassenen Häusern und verfügt über enge Treppen, Gänge und drei Eingänge, durch die der Falaj-Bewässerungskanal läuft”.


Geschichte von Birkat-Al-Mouz

Die Menschen waren zu jener Zeit besonders stark von der Landwirtschaft abhängig, und somit auch von dem Falaj-System.

Offenbar war die zunehmend schwierige Wasserbewirtschaftung mit ein Grund, warum die ehemals blühende Stadt verlassen wurde.

In der Folge wurde die Landwirtschaft zunehmend durch andere Wirtschaftszweige wie Handel und Fischerei ersetzt. Die Migration von der ländlichen zur städtischen Umgebung führte letztendlich dazu, dass Birkat al-Mouz von den Bewohnern aufgegeben wurde.

Ruinenstadt von Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Da heute nur noch die mystisch-anmutenden Ruinen stehen, wird dieser Ort von manchen Schriftstellern auch als “spirituelle Oase des Sultanats” bezeichnet.

Ruinenstadt von Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Die Überbleibsel der alten Lehmhäuser wurden also nicht etwa wie andere Ruinen “wiederentdeckt”, wie zum Beispiel in Kambodscha. Nein, sie wurden einfach von ihren Bewohnern verlassen und zurückblieb eine “Geisterstadt”.

Bei unserem Spaziergang durch die Ruinensiedlung fühlen wir uns jedenfalls wie auf einer Zeitreise in die omanische Vergangenheit. Der Ort ist gewissermaßen ein kostenloses Freilichtmuseum.

Unter alten Torbögen geht’s über Stock und Stein die staubigen Gassen empor, um die mehrstöckigen Lehmhäuser herum, die am Berghang förmlich kleben. Doch Vorsicht… nicht auf dem Geröll abrutschen! Deshalb ist hier festes Schuhwerk angebracht.

Nathalie Gütermann in der Ruinenstadt von Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Auf jeden Fall lohnt sich der Aufstieg durch das Dorf bei Birkat al-Mouz. Denn im Gegensatz zu anderen verlassenen Ortschaften (… die es öfters im Oman gibt!), strahlt diese hier eine gewisse morbide Mystik aus.

Interessant zu sehen: die vielen noch gut erhaltenen Details wie Fensterrahmen mit traditionellen Verzierungen und Holztüren mit verblichener Farbe. Uns ist klar: Diese Stadt war einmal ein architektonisches Meisterwerk.

Ein wenig makaber mutet allerdings dieser verstaubte Koffer an, der hier wohl vergessen wurde. Wir entdecken ihn im Entrée eines verlassenen Hauses…,

… dessen Gebälk jeden Moment einzustürzen droht.

Für ganz sportlich veranlagte Besucher ist der Aufstieg bis zur Bergspitze zu empfehlen. Denn es gibt hier keinen Weg und man muss sich den Zugang über die von der Witterung glatt polierten Felsen und Überreste eingestürzter Mauern selbst bahnen.

Oben angekommen, wird man allerdings von einem traumhaften Blick auf das Oasendorf und seine umliegende Landschaft belohnt.

Dort, wo sich auch die Ruine eines ehemaligen Turms wie ein Gedenkstein erhebt.


Falaj-Bewässerungssystem

Wie bereits eingangs erwähnt, ist Birkat al-Mouz auch der ideale Ort, um das traditionelle Falaj-Bewässerungssystem zu erkunden. Dieses hier steht zusammen mit vier anderen omanischen Falaj auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Falaj Bewässerungssystem, Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Das Falaj wurde vor 4500 Jahren entwickelt, um das Wasser gerecht unter den Bewohnern zu verteilen. Die ältesten Ruinen in dieser Region stammen aus dem Jahr 500 n. Chr.

Das Prinzip des Falaj ist einfach: Wasser fließt von den Quellen über Dutzende von Kilometern durch unterirdische Kanäle zu den Häusern und Feldern, lediglich angetrieben durch die Schwerkraft.

Falaj Bewässerungssystem, Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Früher wurden aus Sicherheitsgründen an jedem Falaj Wachtürme errichtet, denn Wasser war und ist eben in dieser wüstenähnlichen Gegend das Lebenselixier schlechthin. Übrigens haben wir das Falaj-System besonders gut im Keller des erwähnten Gästehauses “Bait Al Sabah Heritage Inn” begutachten können.

Falaj Bewässerungssystem, Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Hier wurden die unterirdischen Gänge und Kanäle beispielhaft renoviert, und sie sind sogar auch für Nicht-Hotelgäste frei zugänglich.

Falaj Bewässerungssystem, Birkat al-Mouz, Oman © "Asien-Lifestyle.com by Nathalie Gütermann"

Zum Abschluss unseres Ausflugs gönnen wir uns noch einen Drink auf der Dachterrasse des Gästehauses.

Der Panoramablick auf das “Geisterdorf” mit seinen goldschimmernden Lehmhäusern, den satt-grünen Palmenhainen und Bananenplantagen in der Umgebung sowie der mächtigen, allgegenwärtigen Haja-Gebirgskette im Hintergrund ist schlicht nicht zu toppen.


© Text & Fotos: Nathalie Gütermann & Jög Baston


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