Pushkar – “Königin der Pilgerstätten”
Die kleine Pilgerstadt Pushkar, eine der ältesten und heiligsten Städte Indiens, ist ein beliebtes Ziel für spirituell Interessierte, die hier die besondere Verbindung von Religion, Kultur und Natur erleben möchten. Bekannt in ganz Indien ist die Stadt vor allem für ihren malerischen See, um den sich zahlreiche Tempel und Ghats schmiegen, sowie für den einzigartigen Brahma-Tempel.
Unterwegs von Udaipur nach Pushkar
Schon die Autofahrt von Udaipur nach Pushkar ist ein besonderes Erlebnis. Sie bietet viele Möglichkeiten, in die faszinierende Kultur und Naturschönheit Rajasthans einzutauchen.
Die Route führt durch eine abwechslungsreiche Landschaft, denn obwohl Rajasthan eine der trockensten Regionen Indiens ist, ist diese Gegend fruchtbar und grün.
Auf dem Weg nach Pushkar bekommt man auch durch die vielen auf der Strecke befindlichen Dörfer einen authentischen Eindruck vom Landleben. Dieses ist noch ganz überwiegend geprägt von traditionellen Lehmbauten, Ackerbau und Viehzucht.
Immer wieder beeindruckend: Die traditionell bunt angemalten Hörner vieler Rinder. Das Bemalen der Hörner ist ein altes Ritual, das tief in der ländlichen Kultur Rajasthans verwurzelt ist. Es spiegelt insbesondere den Stolz der Bauern auf ihre Rinder wider, die in dieser Region eine zentrale Rolle im Leben der Menschen spielen.
Auch gibt es entlang der Strecke zahlreiche Gelegenheiten, mit den traditionell lebhaft und farbenfroh gekleideten Einheimischen in Kontakt zu kommen.
Denn viele westliche Reisende, die individuell, d.h. nicht innerhalb größerer Reisegruppen, durch die Landschaft fahren, trifft man hier nicht gerade häufig!
Pushkar & Pushkar-See
Das Dorf Pushkar liegt malerisch am Rande der Aravalli-Berge und ist von einer halbwüstenartigen Landschaft mit teilweise Sanddünen umgeben.
Pushkar gilt als einer der heiligsten Orte des Hinduismus, vor allem wegen des runden Pushkar-Sees, eines der heiligsten Gewässer in Indien. Laut Legende ließ Lord Brahma hier eine Lotusblume auf die Erde fallen, wodurch der See entstand. Deshalb wird der See von Gläubigen als “Tirtha Raj” bezeichnet, was “König der Pilgerstätten” bedeutet.
Ghats von Pushkar
Insgesamt 52 Ghats – stufenartige Zugänge zum Wasser – säumen das Ufer des Sees. Neben ihrer alltäglichen Nutzung als Bootsanlegestellen, Bade- oder Waschplätze dienen die Ghats vor allem religiösen Zwecken.
Hier finden täglich Gebete, Zeremonien und Homas (Opferfeuer) statt, ebenso wie die rituellen Waschungen gläubiger Hindus, die der spirituellen Reinigung dienen und Glück bringen sollen.
Das Tragen von Schuhen und das “direkte” Fotografieren vor allem der Badenden sind grundsätzlich nicht erlaubt. Die folgenden Aufnahmen entstanden trotz daher aus einiger Entfernung!
Die Stufen der Ghats sind übrigens dazu gedacht, freilaufende Tiere, insbesondere Kühe, und ihre Exkremente vom Wasser des heiligen Sees fernzuhalten – auch wenn diese Regel offenbar noch nicht bei allen Vierbeinern angekommen ist!
Der Brahma Ghat ist besonders wichtig, da er mit Lord Brahma, dem Schöpfergott im Hinduismus, in Verbindung steht.
Tempel von Pushkar
Entlang der Ghats kann man auch viele, mit den umliegenden Tempeln und heiligen Stätten verbundene Gebetspavillons bewundern. Die Tempel in traditioneller Rajput-Architektur fungieren als Orte der Kontemplation, Meditation und …
… auch als Aussichtspunkte auf die geradezu magische Seenlandschaft.
Einer der wichtigsten Tempel ist der berühmte Brahma-Tempel, der dem Gott Brahma gewidmet ist.
Er ist mit weißen Marmorplatten verkleidet und hat eine rote Spitze (Shikhara), die sich deutlich von der umgebenden Landschaft abhebt.
Dieser Tempel ist einer der wenigen Orte in Indien, an denen Brahma verehrt wird. Denn gemäß der hinduistischen Mythologie nimmt Brahma als Schöpfergott nicht so aktiv im Weltgeschehen teil wie andere hinduistische Gottheiten.
Der ebenfalls beliebte Rangji-Tempel ist ein einzigartiges Heiligtum, das sich durch seine Mischung aus verschiedenen architektonischen Stilen auszeichnet. Er wurde im Jahr 1844 zu Ehren des Gottes Rangji, einer Inkarnation Vishnus, erbaut und kombiniert Elemente des nordindischen Rajputen-Stils mit dem südindischen Dravida-Stil sowie Einflüsse der Mughal-Architektur. Besonders auffällig ist der hohe Gopuram, das reich verzierte Eingangstor im südindischen Stil, das den Tempel dominiert.
Der Tempel ist eine Hauptattraktion für südindische Pilger, besonders während der Pushkar-Messe, einer heiligen Feier, die jedes Jahr während der Kartik-Zeit gefeiert wird.
Bazar von Pushkar
Pushkar zeichnet sich durch ein Labyrinth aus engen, verwinkelten Gassen aus, die mit zahlreichen Souvenirläden, gemütlichen Cafés und vielfältigen Restaurants gesäumt sind. Ein Spaziergang durch diese charmanten Straßen ist lohnenswert, besonders der Besuch des lebendigen Basars.
Der Basar von Pushkar ist bekannt für seine farbenfrohe und pulsierende Atmosphäre. Händler und Straßenverkäufer präsentieren eine Vielfalt an Waren, darunter traditionell indische Textilien und handgefertigte Kunstwerke, die in den geschmückten Geschäften ausgestellt sind. Die lebendige Mischung aus Farben, Düften und Klängen macht den Basar zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Da Pushkar ein bedeutender spiritueller Ort ist, findet man im Basar auch viele religiöse Artikel wie Räucherstäbchen, Statuen von Gottheiten, Gebetsketten und religiöse Bücher.
Der Basar bietet eine vielfältige Auswahl an Straßenküchen und Cafés, in denen traditionelle indische Gerichte und lokale Spezialitäten probiert werden können. Von Samosas und Chaat bis hin zu frischem Obst und Jalebi gibt es zahlreiche Köstlichkeiten zu entdecken. Viele der angebotenen Gerichte sind vegetarisch, da Pushkar eine rein vegetarische Stadt ist.
Pushkar Mela – Kamelmarkt
Wenn im November der Vollmond über Pushkar scheint, steht die Stadt traditionell im Zeichen des Kamels. Während des jährlichen “Pushkar Mela” verwandelt sich die Stadt für fünf Tage in einen riesigen Handelsplatz für Vieh und regionale Produkte. Auf diesem vermutlich größten Kamelmarkt der Welt feilschen Händler aus den umliegenden Wüstengebieten um Zigtausende von Kamelen, Rindern, Pferden, Schafen und anderen Nutztieren.
Das beeindruckende Spektakel zieht jährlich etwa 200.000 Menschen an und findet im Rahmen der religiösen Feierlichkeiten zum heiligen “Kartik Purnima”-Fest statt.
Das Herzstück des Pushkar Mela ist dabei zweifellos der Handel mit Kamelen. Bauern und Viehhändler aus der Region bringen Tausende von Kamelen mit, um sie zu verkaufen oder zu tauschen.
Und nach der Arbeit wird ausgelassen gefeiert: Neben Musik und Tanz gibt es Kamelrennen, Wrestling und andere Wettkämpfe sowie Schnurrbart-, Turban- und weitere Schönheitswettbewerbe – auch übrigens für die reich geschmückten Kamele.
Das Festival hat auch eine tiefe religiöse Bedeutung, da es mit dem Hindu-Glauben verbunden ist. So strömen während des Mela Pilger aus verschiedenen Teilen des Landes zum heiligen Pushkar-See, um an dessen Ufern bzw. den Ghats zu baden und ihre Sünden zu reinigen. Angeblich soll ein Bad im Pushkar-See während des Mela besonders segensreich sein.
Fazit
Für Reisende, die auf ihrer Rajasthan-Tour eine tiefere Verbindung zur spirituell-kulturellen Seele der Region suchen, ist die Pilgerstadt Pushkar ein absolutes Muss.
Abgesehen von ihrer religiösen Bedeutung beeindruckt Pushkar mit authentischem Charme, faszinierenden Ghats, beeindruckenden Tempeln sowie lebhaften Gassen und bunten Märkten, die eine einzigartige Atmosphäre schaffen. Die Stadt strahlt eine ruhige, fast mystische Stimmung aus, die einen deutlichen Kontrast zu den oft hektischen, größeren Städten Rajasthans wie Jaipur oder Udaipur bildet.
Ein besonderes Highlight ist der weltweit berühmte Kamelmarkt, der jedes Jahr im November stattfindet. Während dieser Zeit verwandelt sich die Stadt in ein lebendiges Spektakel. Wer die Gelegenheit hat, sollte dieses unvergessliche Ereignis unbedingt in seine Reiseplanung einbeziehen!
Text & Fotos: Jörg Baston