Feluken-Fahrt auf dem Nil

Für Reisende, die dem Sightseeing-Stress von Luxor und Theben-West entfliehen möchten, bietet eine Nilfahrt mit der Feluke eine authentische Möglichkeit, den legendären Fluss aus einer ganz anderen Perspektive zu erleben. Das gemächliche Gleiten auf dem majestätischen Nil ist nicht nur ein entspannendes Fahrerlebnis, sondern bietet auch unvergessliche Ausblicke auf die völlig unterschiedlichen und beeindruckenden Uferlandschaften zu beiden Seiten des Flusses.


Doch zunächst – Was sind Feluken?

Es handelt sich um traditionelle Segelboote, die bereits seit der Antike auf dem Nil unterwegs sind. Sie werden in Handarbeit aus Holz gebaut und mit einem großen, in der Regel weißen „Lateinsegel“ und einem schmalen Rumpf ausgestattet. Jede Feluke ist übrigens ein Unikat und wird noch in traditioneller Handwerkskunst gebaut.

Im Gegensatz zu anderen Segeltypen ermöglicht das Lateinersegel eine größere Manövrierfähigkeit, insbesondere beim Segeln gegen den Wind (Kreuzen) und gegen die Strömung. Das charakteristische dreieckige Segel ist an einer langen, gebogenen Spiere (auch Rah genannt) befestigt,

Feluken gehören zum Nil wie die Säulen zu einem ägyptischen Tempel. Kaum ein Foto aus dem „Land der Pharaonen“, auf dem diese malerischen Boote nicht zu sehen sind. Was liegt also näher, als mit einem Boot dieser Stadt Luxor über den hier recht breiten Nil auf die andere Nilseite, in die sogenannte Westbank, zu fahren?


Ablegen mit Feluce an der Ostbank 

Feluken in Luxor starten von verschiedenen Punkten entlang des Nils. Die genauen Anlegestellen können variieren und hängen von der jeweiligen Tour und dem Anbieter ab. Am beliebtesten sind die zahlreichen Anlegestellen entlang der Corniche in Luxor, da hier die meisten Hotels liegen.

Da unser Hotel, das „ Winter Palace “, direkt an der Corniche lag, organisierten wir spontan vor Ort eine private Felukenfahrt mit einem einheimischen Bootsführer. Früh am Morgen starteten wir vom Anlegesteg, an dem zahlreiche Feluken in unterschiedlichsten Ausführungen veraut waren, zu einer Tour auf die andere Nilseite und zurück.

Unser Bootsführer, gleichzeitig Eigentümer der Feluke, bildete gemeinsam mit seinem jugendlichen Sohn die Bootsmannschaft. Mit geübten Handgriffen bereitete er das Segelboot vor, setzte das Segel und wir stachen in See. Ganz ohne Außenbordmotor steuerte er das Boot auf traditionelle Weise, drehte es geschickt im Wind und brachte es auf Kurs zur Westbank.

Sanft glitt die Feluke hinaus auf die Strömung des Nils. Ohne das Dröhnen von Motoren, wie es bei den großen Fährbooten üblich ist, herrscht eine beeindruckende Stille. Nur das leise Plätschern des Wassers, das Knarren des Holzbootes und das Rauschen des Windes, der behutsam das Segel blähte, begleiteten die friedliche Fahrt.


Überfahrt nach Theben-West: Beide Nilufer im Blick

Als Nils ankam, eröffnete sich ein atemberaubender Panoramablick auf das östliche Ufer, von dem wir abgelegt haben. Deutlich zeichnen sich die markante Silhouette der majestätischen Luxor-Tempelanlage (siehe Reisebericht „Luxor-Tempel“ ) mit ihrem imposanten Pylon, dem eindrucksvollen Obelisken und den beeindruckenden Säulen ab.

Unsere Feluke gleitet sanft über das Wasser, allein angetrieben vom Wind, der das weiße Segel leicht aufbläht. Der warme Luftstrom streicht über unser Gesicht, während wir uns gemächlich unserem Ziel, Theben-West, nähern. Zu dieser Tageszeit begegnen wir nur wenigen größeren Motorschiffen – hin und wieder eine Fähre, die zwischen Luxor und der Anlegestelle der Luxor Nile Ferry auf der Westbank pendelt

Die Strömung des Nils ist so schwach, dass schon ein leichter Wind ausreicht, um das Boot gegen die Flussrichtung zu bewegen. Dabei kommt eine Besonderheit des Nils ins Spiel. Dank des ausgeklügelten Designs der Feluken, der speziellen Windverhältnisse und der variierenden Strömungsgeschwindigkeit ist es möglich, sogar flussaufwärts zu segeln.

Als wir langsam die Flussmitte erreichen, ändert sich der Blickwinkel. Auf der Westseite des Nils eröffnet sich uns eine völlig neue Perspektive. Denn im Gegensatz zum flachen Ostufer bei Luxor ist die Westbank von einer Bergkulisse geprägt. Im Hintergrund erheben sich majestätisch die sandfarbenen Berge von Theben-West. Dahinter verbergen sich die berühmten altägyptischen Nekropolen, darunter das berühmte Tal der Könige, die Memnonkolosse und der Tempel der Hatschepsut.

Direkt am Ufer steht ein sakrales Zeugnis der im heutigen Ägypten vorherrschenden Religion, eine alte Moschee mit pittoresker türkisfarbener Kuppel. Das oft von Palmen gesäumte Ufer bietet einen ruhigen Kontrast zum quirligen Luxor. Das glatte Wasser des Nils spiegelte die wechselnden Farben des Himmels und die Silhouetten des Ufers wider.

Der Nil verströmt eine einzigartige Ruhe. Das sanfte Schaukeln des Bootes, das leise Plätschern des Wassers und die Stille, durchbrochen allein von den Klängen der Natur, schaffen eine Atmosphäre vollkommener Gelassenheit und Besinnlichkeit.


Die Westbank: Grün und fruchtbar

Auf der West Bank angekommen, präsentiert sich uns eine völlig andere Szenerie und Atmosphäre: Felder mit Dattelpalmen, traditionelle Häuser und Bauern, die ihre Felder bestellen.  

Denn neben den berühmten Sehenswürdigkeiten von Theben-West gibt es hier zahlreiche kleine Dörfer, in denen die Fellachen traditionell aus der Landwirtschaft leben. Die fruchtbaren Felder entlang des Nils sind ein wichtiger Bestandteil der Landschaft. 

Das satte Grün der Felder, das von einfachen Lehmhäusern und schmalen Pfaden durchzogen ist, vermittelt einen Eindruck von Ursprünglichkeit. Mit einfachen Werkzeugen wie Hacken und Schaufeln lockern Sie die Erde, ziehen Bewässerungsgräben oder pflanzen Saatgut in den fruchtbaren Nilschlamm.

Dank des Nilwassers, das über ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem auf die Felder geleitet wird, gedeihen hier vor allem Weizen, Gerste, Mais und Obstbäume. Die fruchtbaren Ackerflächen in Theben-West waren daher auch die entscheidende Grundlage für das blühende Leben bereits im Alten Ägypten.

Die regelmäßigen Überschwemmungen des Nils hinterließen eine dicke Schicht fruchtbaren Schlamms auf den Feldern. Dieser Schlamm versorgt den Boden mit den notwendigen Nährstoffen für den Anbau von Getreide, Gemüse und anderen Pflanzen. Hinter den Vegetationslosen, da trockenen Gebirgen von Theben-West im Hintergrund erstreckt sich die Wüstenlandschaft des Tals der Könige. Doch heute werden wir hier, an der West Bank, wieder umkehren und zurück nach Luxor fahren.


Rückfahrt nach Luxor

Auf der Rückfahrt haben wir die tiefstehende Sonne im Rücken. Die Skyline von Luxor am Ostufer ist in ein warmes, goldenes Licht getaucht. Im Vordergrund heben sich die Fährboote kontrastreich vom glitzernden Wasser des Nils ab.

Deutlich zu erkennen ist der Karnak-Tempel hinter mehreren vertäuten großen Passagierschiffen. In der abendlichen „Rushhour“ zwischen den beiden Nilufern nimmt der Schiffsverkehr deutlich zu.

Am Ufer erkennen wir den berühmten historischen Schaufelraddampfer SS Sudan . Berühmt, weil dieses Flusskreuzfahrtschiff eng mit Agatha Christies Roman „Tod auf dem Nil“ verbunden ist (siehe auch Reisebericht „Winterpalast“ ). Das Schiff wurde 1921 gebaut und erinnert mit seiner Ausstattung und seinem Ambiente an die luxuriösen Nilkreuzfahrten vergangener Zeiten.

Sowohl die Verfilmung von 1978 mit Peter Ustinov als auch spätere Adaptionen nutzten die SS Sudan als Drehort. Das elegante Ambiente und die historische Ausstattung des Schiffes trugen wesentlich zur authentischen Darstellung der im Roman beschriebenen Nilkreuzfahrt bei.


Sonnenuntergang über Theben-West

Nach dem Anlegen in Luxor werfen wir einen letzten Blick zurück auf das Westjordanland. In der tiefstehenden Sonne leuchten die Berge von Theben-West in einem warmen, zarten Rosa.

Die langen Silhouetten der Masten mit den mittlerweile eingeholten Lateinersegeln, die sich über das Wasser erstrecken, bilden einen reizvollen Kontrast zur glatten Oberfläche des Nils und zum Himmel. Die untergehende Sonne taucht die Szene in ein warmes, goldenes Licht.


Fazit

Eine Nilfahrt mit einer traditionellen Felukke ist ein unvergessliches Erlebnis. Im Gegensatz zu den großen Kreuzfahrtschiffen, die oft eher an schwimmende Hotels erinnern, bieten die Feluken eine intime und authentische Atmosphäre. Hier kann der Reisende das Leben am und auf dem Nil hautnah miterleben. Zudem kann der eigene Skipper flexibel auf individuelle Routenvorschläge eingehen. Die ruhige und entspannte Atmosphäre auf einer Feluke ist nicht zu vergleichen mit der Hektik der großen Motorschiffe. Wie oben beschrieben reicht schon eine relativ kurze Fahrt von Luxor an das andere Nilufer. Dieser Aufwand ist wohl im Zeitbudget fast jeden Luxor-Reisenden! 


© Text & Fotos: Jörg Baston