Sur: Strand, Souk und Seefahrer-Flair

Sur ist eine altehrwürdige Hafenstadt an der Küste von Oman. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein war sie ein wichtiges Handelszentrum, und bis heute finden sich dort bezaubernde Fischerhäfen, ein Leuchtturm als Wahrzeichen der schneeweißen Altstadt und vor allem die älteste Dhau-Werft der Welt. Insofern hat Sur nichts von ihrem Seefahrer-Charme verloren.

Sur liegt an einer großen Lagune, rund 150 km östlich von Maskat entfernt. Die Küstenstadt spielte eine bedeutende Rolle in der Geschichte der Seefahrt und bis zum heutigen Tag arbeiten viele der 100 000 Einwohner in der maritimen Industrie.

Bekannt ist das vorwiegend von weißen Residenzen geprägte “Seebad” für seine langgezogene Uferpromenade (“Sur-Corniche”) und den wunderschönen Souk, das mächtige Sur-Fort und vor allem auch für den Bau von arabischen Segelschiffen – den sogenannten “Dhaus”. In der einzigen Werkstatt des Landes kann man die Handwerker beim Bau der traditionellen Holzboote beobachten. Mehr dazu später!


Geschichte

Bereits seit dem 6. Jahrhundert entwickelte sich die ehemals kleine Ansiedlung am Meer zu einem bedeutenden Umschlagplatz für den Handel zwischen dem Oman, Indien, Ostafrika und dem Persischen Golf.

Damals ankerten im Hafen täglich bis zu 160 Schiffe, und die schnell wachsende Stadt wurde zu einem beliebten Zentrum für den Export von Weihrauch, Gewürzen und und anderen Gütern.

Auch die Perlenfischerei war damals eine bedeutende Einnahmequelle. Die Küstengewässer des Oman, einschließlich der Region rund um Sur, waren bekannt für ihre reichen Vorkommen an Muscheln, die wertvolle Perlen produzierten. Dieser Industriezweig trug wesentlich zum Wohlstand und zur Wirtschaft der Hafenstadt bei.

Während des 19. Jahrhunderts geriet Sur unter den Einfluss des Sultanats Oma. Moderne Dampfschiffe verdrängten zunehmend die traditionellen Dhau-Boote und die Eröffnung des Suezkanals als alternative Handelsroute nach Indien läutete endgültig das Ende der omanischen Seefahrer-Ära ein.

Heute liegen statt der arabischen Segelschiffe eine ganze Flotte von Spezialtankern im westlichen Industriehafen von Sur, direkt neben der Gasverflüssigungs- und Meerwasserentsalzungsanlage sowie einem neuen Kraftwerk. Wie fast überall im Oman gilt auch hier: “Tempus fugit”! Die Zeit geht dahin…

Doch wir gehen in die ganz andere Richtung, nämlich weg vom Industriegebiet.

An der “Corniche” von Sur schlendern wir in Richtung Altstadt. Dort, wo sich die typisch omanische Häuserzeile und das “Lighthouse” am historischen Hafen von Al-Ayjah erhebt, ist’s am Schönsten.


Sehenswürdigkeiten von Sur

Nehmen Sie sich einen halben Tag Zeit, um Sur zu entdecken. Da sich die Stadt nicht jedem sofort offenbart, nehmen wir Sie mit auf unserem Spaziergang und berichten von unseren ganz persönlichen Highlights.


Sur Corniche

Die schön gestaltete Uferpromenade erstreckt sich vom traditionellen Sur Souk im Westen der Stadt bis hin zu einem großen Pavillon im typisch omanischen Baustil. Dieser ist quasi der krönende Abschluss am Ende der Corniche.

Menschenleer ist es hier. Wir sind die einzigen Touristen, die den Al-Ayjah Strand entlang schlendern und die Aussicht auf die Altstadt genießen. Erst nach Einbruch der Dunkelheit, wenn die Temperaturen sinken und die Sonne langsam untergeht, erwacht dieser Küstenabschnitt zum Leben. 

Ein beliebter Treffpunkt zum Abendessen ist das idyllisch gelegene Restaurant Al Hawash  am Ende der Promenade – mit traumhaftem Blick auf die gegenüber liegende Kulisse mit ihrer “old town”.


Altstadt Al-Ayjah

Der ehemals eigenständige Stadtteil von Sur namens Al-Ayjah erhebt sich auf einer Landzunge direkt gegenüber der erwähnten Corniche. Dort befindet sich auch der antike Handelshafen, von dem allerdings nur noch ein paar Befestigungsanlagen auf zerklüfteten Felsformationen sichtbar sind.

Um einen ersten Eindruck vom alten Stadtteil zu bekommen, gehen wir über den schmalen Fußgängerweg bis zur Mitte der modernen Al Ayjah-Hängebrücke. Hier werden wir mit einem herrlichen Panorama belohnt: Im Vordergrund erstreckt sich ein kleiner Hafen, dahinter erheben sich zwei Wachtürme, und am Horizont zeichnen sich die Umrisse des Leuchtturms ab, den wir später aus der Nähe besichtigen werden.

Diesen Blick empfinden wir als einen der schönsten und typischsten während unserer Oman-Reise. Denn hier vereint sich visuell nahezu alles, was das Sultanat ausmacht: Wachtürme, Moscheen, Dhaus, Küsten, Leuchttürme und die allgegenwärtigen weiß getünchten Häuser.

Wechselt man auf die andere Seite der Brücke, eröffnet sich ‘gen Süden eine kaum weniger beeindruckende Perspektive auf die grün schimmernde Lagune und einen weiteren Wachturm auf einem mächtigen Felsblock.


Al Ayjah Leuchtturm

Das “Lighthouse” wurde im Jahr 1864 von den Briten erbaut, als Oman unter britischem Protektorat stand.

Der Leuchtturm wurde ursprünglich mit einer Petroleumlampe betrieben, bevor er später auf elektrischen Strom umgestellt wurde. Seine strategische Lage auf der Al Ayjah-Halbinsel ermöglichte es, Schiffen den Weg durch die Gewässer vor der Küste von Sur zu weisen.

Mit seiner festungsartigen Bauweise, dem kuppelförmigen Dach und dem hölzernen Eingang, der mit aufwendigen Schnitzereien verziert ist, ist der Leuchtturm ein beliebtes Touristenziel in Sur.

Übrigens: Die Schreiner von Sur, die entlang der zentralen Hauptstraße ihre Werkstätten haben, sind im gesamten Oman für ihre hervorragende Handwerks- und Schnitzkunst bekannt. Sie verzieren massive Holztüren mit kunstvollen floralen Mustern und fertigen Miniaturholzboote als Souvenirs an, die zum Kauf angeboten werden.

Man kann nur staunen, mit welcher Präzision und Liebe zum Detail sie ihre Werke erschaffen. Später werden wir dies auch in der Dhau-Werft sehen!


Altes Fischerei-Viertel

Obwohl der Putz an einigen der kalkweißen Villen bröckelt, tut dies der fast schon elegant-maritimen Ausstrahlung des Ortes keinen Abbruch.

Wir können uns gut vorstellen, wie dieses “Seebad” einst ein beliebter Ort für gut betuchte Omanis war, um hier fern der Hauptstadt die Sommerfrische zu genießen.

Den besonderen Charme machen die kleinen Moscheen mit ihren glänzenden Kuppeln aus, die sich zwischen den Häuserfronten im neo-arabischen Stil erheben.

Immer wieder ein reizvoller Hingucker ist der wild-romantische Strand…,

… und die bunten Fischerboote, die träge vor sich hin dümpeln oder verstreut am Strand liegen. Vereinzelt sehen wir Fischer, die die Bootsmotoren überprüfen, morsche Stellen im verwitterten Holz reparieren oder ihre Netze flicken.

Die ganze Szenerie strahlt eine unglaubliche Gelassenheit und Stille aus. Die Schreie der Möwen sind die einzigen Geräusche, die diese Ruhe durchbrechen. Tief atmen wir die salzige Luft ein, die nach Meerwasser, Tang und frisch gefangenen Fischen duftet… einfach herrlich!

Hier lebt man einen Moment lang ganz und gar im Einklang mit den Gezeiten, hier spürt man die Kraft der Natur und die Verbundenheit der Menschen mit dem Meer.


Al Ayjah Fort

Die Festung wurde im 16. Jahrhundert erbaut und diente einst – wie alle Forts im Oman – als Verteidigungsanlage gegen Eindringlinge und als Kontrollpunkt für den Handel in der Region.

Das Fort ist um einen zentralen Innenhof angeordnet und ein typisches Beispiel für die omanische Festungsbaukunst. Es besteht aus mehreren Gebäuden mit massiven Mauern, Zinnen und Türmen.


Souk von Sur

Der Souk ist ein lebhafter Markt im Herzen des moderneren Stadtteils von Sur. Er liegt ganz in der Nähe der Corniche und schon von Weitem kann man die bunten Dächer sehen, die abends prächtig beleuchtet sind. Im Gegensatz zum eher touristisch anmutenden Mutrah Souk in Maskat geht es hier wesentlich traditioneller zu.

Das betrifft auch die Kleidung der einheimischen Bevölkerung.

Grundsätzlich bedecken die Frauen ihren Körper mit der Abaya, einem langen, schwarzen, locker sitzenden Kleid und einem Kopftuch. Viele Omani-Damen sind auch komplett verschleiert. In unzähligen Schneidereien werden diese oftmals mit aufwendigen Stickereien verzierten Gewänder aus Seide per Hand gefertigt und hier im Souk zum Kauf angeboten.

Männer tragen typischerweise die Dishdasha, ein weißes Gewand, das ebenfalls bis zu den Knöcheln reicht. Genau dieses Straßenbild macht den Reiz von Sur aus. Hier ist es tatsächlich noch möglich, in das authentische omanische Alltagsleben einzutauchen.

Neben Kleidung gibt es hier Stoffläden, Schuh- und Schmuckgeschäfte und natürlich zahlreiche Spezialshops, wo man die beliebten Weihrauchperlen kaufen kann.

Wie wir schon in unserem ausführlichen Bericht über das Weihrauch-Land geschrieben haben, ist das sogenannte “Luban” allgegenwärtig. Überall duftet es nach diesem würzig-süßlichen Harz, dessen Essenz übrigens auch für die Produktion von Parfums genutzt wird. Der Oman hat eine lange Tradition in der Herstellung von Duftwässern aller Art.

Diese werden aus hochwertigen Ölen und natürlichen Inhaltsstoffen wie Blüten – hier vor allem Rosen -, Hölzern und eben Harzen gewonnen. Eines der kostbarsten Parfümmaterialien der Welt ist Oud  – ein dunkles, holziges Harz, das aus dem Agarholzbaum gewonnen wird. Oud zählt zweifellos zu den kostbarsten und exquisitesten Parfümbestandteilen weltweit und sein Marktwert erreicht oft den von Gold. Im Oman kann man dieses Parfum in ausgewählten Shops kaufen.

Zu den edelsten aller Parfummarken zählt übrigens Amouage. Die 50 handgefertigten Parfums, darunter auch Oud-Düfte, sind für ihre Intensität bekannt. Das 1983 im Sultanat Oman als “Geschenk der Könige” gegründete Haus hat die arabische Kunst der Parfümerie neu definiert und sich weltweit einen exzellenten Ruf erworben. Tipp: Wenn Sie in Maskat sind, sollten Sie sich dort im Amouage Besucherzentrum umsehen, denn dort erlebt man die magische Welt der arabischen Parfumkunst hautnah.

Die Parfums von Amouage kann man auch im Souk von Sur kaufen. Überhaupt wird man hier fündig, wenn man mal etwas ganz Originelles erstehen will. Und wenn dann der Muezzin ganz plötzlich während der Shoppingtour mit kraftvoller Stimme zu singen beginnt…,

… und sein warmer, sonsore Singsang durch die hohen Hallen schallt, dann halten auch wir für einen Moment inne. Gerade hier, in diesem Ambiente, ist der Gesang des Gebetsrufers ein besonders beeindruckendes Klangerlebnis.


Dhau-Werft

So, zum Abschluss haben wir Ihnen ja noch eine besondere Attraktion versprochen. Zur Erinnerung: Sur ist eines der historisch bedeutendsten Bootsbauzentren von ganz Arabien. Und auch heute noch fertigen Kunsthandwerker in der Dhau-Fabrik Holzboote in jeder Größe an.

Besucher können hier die beeindruckenden Schiffe aus nächster Nähe bewundern und den Arbeitern über die Schulter sehen. Die Handwerker verwenden dabei jahrhundertealte Techniken – das ist schon etwas ganz Besonderes. Hier geht’s zu unserem spannenden Bericht mit Fotogalerie….

Dhau Werft: Maritime Meisterwerke in Sur


© Text & Fotos: Nathalie Gütermann & Jörg Baston


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Information

Unser Übernachtungs-Tipp: Designvilla “The Gate”, Ras al-Hadd (Bezirk Sur)

Nachdem wir in der Stadt Sur keine Unterkunft gefunden haben, die uns wirklich gefallen hat, suchten wir auch in der näheren Umgebung und wurden fündig. Und zwar in Ras al-Haad, rund 45 Autominuten von Sur entfernt. Die Gegend dort ist ebenso einzigartig wie die Strand-Residenz, die wir dort entdeckt haben. Schauen Sie mal hier, in unseren Erfahrungsbericht:

Designvilla “The Gate”