Yuyuan Garten Shanghai: Juwel der Gartenkunst

Der chinesische historische Yuyuan-Garten ist eine wahre Oase und eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Shanghais. Seit 1982 steht er als bedeutendes Beispiel chinesischer Gartenkunst auf der Liste der Denkmäler der Volksrepublik China. Der Garten bietet eine willkommene Abwechslung zum hektischen Treiben der Riesenmetropole und sollte auf keiner Shanghai-Reise fehlen. 

Der Garten ist vor allem wegen seiner kunstvoll gestalteten Pavillons, Brücken, Teiche und Felsformationen beliebt. Seine Architektur ist geprägt von der traditionellen chinesischen Bauweise und orientiert sich an der chinesischen Landschaftsmalerei. So werden natürliche Elemente wie Berge, Wasser und Pflanzen in Miniatur nachgebildet.

Die perfekte Anordnung der Steingärten, Wasserspiele, Wege, Pavillons und selbst die kleinsten Details der Pflanzen und Bäume schaffen eine harmonische und praktische Atmosphäre. Die Wege im Garten verlaufen nicht gerade, sondern schlängeln sich und führen den Besucher zu immer neuen Ausblicken. Geschickt platzierte Türmchen, kleine Pavillons und künstliche Felsen, die sich im Wasser der Teiche und Seen spiegeln, erzeugen die Illusion von Weite.

Über den Baumwipfeln und den mit Schnitzereien verzierten roten Holzhäusern ragt ab und zu ein Hochhaus empor. Ansonsten kann man hier die Stadt vergessen … Kein Wunder, dass der klassische Garten nicht nur bei Touristen, sondern auch bei Einheimischen sehr beliebt ist. Hier kann man flanieren, plaudern, Tee trinken oder einfach nur in der herrlichen Gartenlandschaft entspannen.


Historischer Hintergrund

Der Garten wurde 1559 während der Ming-Dynastie von Pān Yǔnduān, einem hohen Beamten der Ming-Dynastie, angelegt.

Der Yuyuan Garten war als Privatgarten für den ruhigen Lebensabend seiner Eltern gedacht – daher der Name „Yu Yuan“, was übersetzt „Garten der Zufriedenheit“ bedeutet. Er wurde im eleganten Stil der sogenannten „ Suzhou Literatengärten “ angelegt. Diese sind für ihre Eleganz und ihre harmonische Verbindung von Natur und Architektur berühmt. Der Yuyuan-Garten wurde bald zum größten und renommiertesten Garten seiner Zeit in Shanghai.

Während des Ersten Opiumkrieges , des Taiping-Aufstandes und des Zweiten Chinesischen Krieges wurde der Garten schwer beschädigt. In den 1950er Jahren wurde er dann restauriert und ist seit 1961 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.


Drachenmauern

Der Yuyuan-Garten ist von einer großen weißen Mauer umgeben, die insgesamt eine Fläche von zwei Hektar mit 28 Gebäuden bedeckt. Innerhalb der Anlage gibt es weitere Mauern, die den Gärten in verschiedenen Bereichen unterteilen: Sansui Halle, Wanhua Halle, Dianchun Halle, Huijing Halle, Yuhua Halle und den Inneren Garten. Besonders interessant ist die wellenförmige innere „Drachenmauer“ in Form eines „fliegenden Drachens“. Die grauen Keramikziegel imitieren seine Schuppen.

Besonders eindrucksvoll ist die Drachenwand in der Dianchun-Halle. Sie endete mit einem detailreich gestalteten Drachenkopf. Insgesamt gibt es im Yuyuan-Garten fünf Drachenmauern, jede mit ihrem eigenen Charakter und ihrer eigenen Geschichte.

Eine solche „Drachenmauer“ ist ein typisches Gestaltungselement in chinesischen Gärten, vor allem aus der Ming-Dynastie. Der Drache ist in der chinesischen Kultur ein mächtiges Symbol, das für Glück, Macht, Weisheit und Schutz, auch vor bösen Geistern, schützt.


Brücken, Türme und Pavillons

Die „Brücken“ im Yuyuan-Garten sind nicht nur funktionale Elemente, die verschiedene Gartenbereiche miteinander verbinden, sondern auch ästhetische Highlights, die zur besonderen Atmosphäre des Gartens beitragen.

Die Brücken fügen sich harmonisch in die Gartenlandschaft ein und bilden oft einen Übergang zwischen verschiedenen Gartenbereichen. Auf dem Foto ist ein überdachter Steg (Wanhua Hall) über einem Teich zu sehen, der von Felsformationen umsäumt und durch unterschiedlich geformte Gitterwände unterteilt ist.

Die weiße Mauer, die den Garten umgibt, ist an einigen Stellen mit typisch chinesischen runden oder ovalen „Toren“ durchbrochen. Diese oft mit Ornamenten verzierten „Mondtore“ sind Teil eines komplexen Systems von Wegen, Pavillons und Gärten und stehen symbolisch für den Übergang in eine andere Welt oder einen anderen Zustand. Es verkörpert die Idee, dass der Mensch beim Durchschreiten des Tores eine neue Erfahrung macht und eine andere Perspektive gewinnt.

Manche Tore haben neben den kunstvollen Torumrandungen auch mit aufwendigen Schnitzereien verzierte Holztüren.

Dieses Relief ist ein typisches Element der chinesischen Architektur und wird oft als Dekoration an Gebäuden, Toren oder Mauern verwendet.


Blumen, Sträucher und Bäume

Im Yuyuan-Garten sind Blumen, Sträucher und Bäume in einer festgelegten Ordnung gepflanzt. Die Pflanzenwelt spiegelt die chinesische Naturphilosophie wider und soll eine harmonische Atmosphäre schaffen.

Verschiedene blühende Sträucher wie Azaleen, Kamelien und Pfingstrosen sorgen für Farbtupfer im Garten. Ihre Blütezeit variiert, sodass der Garten zu jeder Jahreszeit eine andere Erscheinung bietet.

Wichtig aus chinesischer Sicht: Die Pflanzen sind nicht nur zur Verschönerung da, sondern haben auch symbolische Merkmale und tragen zur Schaffung einer harmonischen Atmosphäre bei.

So unterscheidet man in der chinesischen Kultur grob vier Pflanzen, denen bestimmte symbolische Eigenschaften zugeschrieben werden: Bambus (Beständigkeit und Freundschaft), Orchidee (Eleganz und Vollkommenheit), Pflaume (Ausdauer und Widerstandskraft) und Chrysantheme (Langlebigkeit und edler Charakter).


Teiche und Goldfische

In den kunstvoll angelegten Teichen des Yuyuan-Gartens kann der Besucher Goldfische in ganzer Schwärmen beobachten. In der chinesischen Kultur stehen Goldfische für Reichtum, Überfluss und Glück. Außerdem sollen die ruhigen Bewegungen der Fische und ihre gold-orange schimmernden Schuppen eine besonders beruhigende Wirkung haben.

In der Lehre des „Feng Shui“ werden Goldfische bewusst eingesetzt, um eine harmonische Umgebung zu schaffen und das positive „Chi“ (Lebensenergie) zu fördern. Feng Shui ist eine jahrtausendealte chinesische Lehre mit dem Ziel, durch eine harmonische Gestaltung von Umgebungen das Wohlbefinden und den Erfolg des Menschen zu fördern.


Künstliche Felsen – Jadefelsen im Großen Ste ingarten

Der berühmte „Jadefelsen“ ist eine der Hauptattraktionen des Yu-Gartens und ein wahres Meisterwerk der Natur. Es handelt sich um einen riesigen, porösen Stein, der wegen seiner grünen Farbe oft fälschlicherweise als Jade bezeichnet wird.

Der Stein wiegt mehrere Tonnen und ist etwa 3,3 Meter hoch. Der Stein ist von zahlreichen Löchern durchzogen, die ihm ein einzigartiges Aussehen verleihen. Eine weit verbreitete Geschichte besagt, dass dieser riesige poröse Stein ursprünglich für einen Kaiser bestimmt war. Während des Transports soll der Stein auf mysteriöse Weise von seinem Bestimmungsort abgewichen sein.

Schließlich fand er seinen Weg in den Yu-Garten, wo er heute als eines der Highlights gilt. Die zahlreichen Löcher im Stein werden oft als Zeichen seiner langen Reise oder als Spuren der Götter gedeutet. Ein faszinierender Effekt entsteht, wenn man ein Räucherstäbchen unter dem Stein anzündet. Der Rauch steigt durch die zahlreichen Löcher auf und schafft eine mystische Atmosphäre.


Huxinting-Teehaus & Neun-Kurven-Brücke

Vor dem Haupteingang des Juyuan-Gartens steht das ebenfalls berühmte „Huxing Ting Teehaus“. Es ist eines der ältesten Teehäuser Chinas und liegt idyllisch auf einer kleinen Insel inmitten eines künstlichen Sees. Man erreicht es nur über die Jiuqu-Brücke, besser bekannt als „Neun-Kurven-Brücke“.

Diese spektakulär gewundene Brücke hat eine tiefe Symbolik in der chinesischen Philosophie. Denn die Zahl neun gilt als Glückszahl und das Zickzackmuster soll den Garten vor bösen Geistern schützen.

Das aus Holz gebaute und mit feinen Schnitzereien verzierte Teehaus ist ein wahres Juwel der traditionellen chinesischen Architektur und Teekultur. Es ist ein klassisches Beispiel für die chinesische Architektur der Ming-Dynastie. Selbst Königin Elisabeth II. Soll hier Tee getrunken haben.

Im Teehaus findet die traditionelle chinesische Teezeremonie statt. Dabei wird der Tee in mehreren Schritten zubereitet und in kleinen Porzellanschalen serviert.

Die Zubereitung erfolgt in mehreren Aufgüssen, wobei die Ziehzeit und die Wassertemperatur für jede Sorte unterschiedlich sind. Dabei wird jedes Detail berücksichtigt, von der Qualität des Wassers bis zur Temperatur der Teekanne.

Die Teezeremonie findet in einer ruhigen und entspannten Atmosphäre statt. Die Gäste können den Tee in aller Ruhe genießen und die Schönheit des Yu Gardens auf sich wirken lassen. Es wird eine große Auswahl an hochwertigen Teesorten angeboten, darunter grüner Tee, schwarzer Tee, Oolong-Tee und Pu-Erh-Tee.

Neben Tee werden oft auch traditionelle chinesische Snacks wie Mondkuchen oder Süßigkeiten angeboten.

Der „ Pu-Erh Tee “ ist eine ganz besondere Teesorte aus der chinesischen Provinz Yunnan und hat eine lange Tradition. Er unterscheidet sich deutlich von anderen Tees durch seinen einzigartigen Herstellungsprozess und seine vielfältigen Geschmacksnuancen.

 Im Gegensatz zu vielen anderen Teesorten wird Pu-Erh nach der eigentlichen Verarbeitung einem natürlichen oder beschleunigten Alterungsprozess (Nachfermentation) zugesetzt. Diese verleiht dem Tee seine charakteristischen Aromen. Pu-Erh Tee wird in verschiedenen Formen angeboten, wie zum Beispiel als lose Blätter, gepresst zu Kuchen, Ziegeln oder Kugeln.


Yuyuan-Basar

Der „Yuyuan-Basar“ liegt direkt vor dem Yuyuan-Garten und besticht durch seine wunderschöne chinesische Architektur und Design sowie hunderte von Händlern. Er bietet eine gute Gelegenheit, das echte chinesische Leben kennenzulernen.

Der Basar entstand im 16. Jahrhundert und hat seitdem seine ursprüngliche Atmosphäre weitgehend bewahrt. Die Gebäude und Gassen erinnern an die Ming- und Qing-Dynastie und vermitteln ein Gefühl längst vergangener Zeiten.

Hier findet man eine große Vielfalt an traditionellem chinesischem Handwerk, darunter Kalligraphie , Schnitzereien, Jadearbeiten, Seide, traditionelle chinesische Medizin und natürlich eine große Auswahl an lokalen Snacks und Tee. 

Wie auf vielen traditionellen chinesischen Märkten ist auch hier Verhandlungsbereitschaft gefragt. Wer geschickt verhandelt, kann das ein oder andere Schnäppchen machen.

Der Basar ist auch ein Paradies für Feinschmecker. Hier gibt es eine große Auswahl an lokalen Spezialitäten, wie etwa Xiao Long Bao (kleine gedämpfte Teigtaschen mit Fleischfüllung), Tangyuan (süße Klebreisbällchen) und andere regionale Gerichte.


Fazit

Die harmonische Gestaltung des historischen Jujuan-Gartens, geprägt von traditioneller chinesischer Gartenkunst, schafft eine einzigartige Atmosphäre. Geschickt angelegte Teiche, geschwungene Wege und kunstvoll arrangierte Brücken und Pavillons laden zum Flanieren und Verweilen ein. Hier kann man sich gleichsam auf eine Reise durch die Geschichte, die Kultur und die Seele Chinas geben. Nicht zuletzt ist ein Besuch der weitläufigen Gartenanlage eine willkommene Auszeit von der Hektik der modernen chinesischen Metropole. Kombiniert mit einem Bummel über den angrenzenden Yujuan-Basar sollte man einen ganzen Tag einplanen.


© Text: Jörg Baston, Fotos: Nathalie Gütermann