Candi Gunung Kawi: Balis “Tal der Könige”

Der antike Candi Gunung Kawi, einer der einzigartigsten archäologischen Stätten Balis, befindet sich bei dem Dorf Tampaksiring. Der Tempelkomplex liegt malerisch am Fuße des fruchtbaren Tals des Pakerisan-Flusses, der auch am Quelltempel Tirta Empul etwa einen Kilometer nördlich vorbeifließt.


Königliche Denkmäler

300 Stufen führen hinab in die Schlucht des Pakerisan. Die Mühe lohnt sich, denn bald öffnet sich der Blick auf ein grünes Tal, ….

Das aus den Felswänden herauszuwachsen scheint – neun riesige Steinmonumente in 7 Meter hohen Felsennischen, die kunstvoll in die Teile der Felswand geschnitten sind. Vier Schreine auf der Westseite und weitere fünf auf der Ostseite des Flusses.

Ihre allgemeine Form leitet sich von den freistehenden antiken Tempeln oder Felsencandis von Ost-Java ab, die sehr ähnliche architektonische Formen und Verzierungen aufweisen. Bei keinem anderen Baudenkmal auf Bali zeigt sich der Einfluss der javanischen Kultur so offensichtlich.

Der sich auf beiden Seiten des Pakerisan-Flusses erstreckende Komplex wurde im 11. Jahrhundert während der Regierungszeit von König Udayana gegründet und ist ein bedeutender heiliger Ort für die Balinesen. Einigen Angaben zufolge handelte es sich um Königsgräber für die damalige Königsfamilie Udayana, die im 10. Jahrhundert regierten.

Jeder Felsencand i sieht tatsächlich wie eine Tür aus, reliefartig geschnitzt, die jedoch nirgendwohin führt. Stattdessen gibt es eine kleine zugängliche Kammer unter dem Candi, in der eine Steinplatte (Peripih) mit neun Löchern platziert wurde, die symbolische Opfergaben enthielt. Zusätzlich zu beeindruckenden königlichen Denkmälern von Gunung Kawi besteht der Komplex auch aus einer Mönchsklause und einem hinduistischen Tempel.


Meditationshöhlen

Nur wenige Schritte von dem königlichen Denkmal-Ensemble entfernt kommt man in ein labyrinthähnliches Heiligtum, wahrscheinlich ebenfalls aus der Felswand gehauenen Meditationshöhlen von buddhistischen Mönchen .

Tatsächlich zeigt die balinesische Geschichte, dass die beiden Religionen nebeneinander existieren und manchmal in Harmonie verschmolzen. Die Steinmauern sind im Laufe der Jahrhunderte verwittert, aber immer noch intakt.


Hinduistischer Tempel Gunung Kawi

Der Gunung Kawi Tempel mit verschiedenen Schreinen rund um das Hauptpavillon selbst befindet sich in der Mitte der Königsgräber.

Auch heute noch werden vor den Candis von gläubigen balinesischen Opfergaben ( Banten“) dargebracht. Insgesamt sieht man vor allem Frauen, sogenannte Banten Canang Sari“ , auf dem Weg zu dem Tempel tragen.

Das sind besonders farbenfrohe Körbe, die aus Palmblättern geflochten sind und mit Blumen, Reis, Öl, Salz, Obst, Tabak, Betelblättern und teilweise auch Geld gefüllt sind.

Hier ein Schrein bei einem heiligen Baum , dekoriert mit Opfergaben und geweihtem Wasser. Sonnenschirme zeigen die Anwesenheit einer Gottheit, dem Abbild der Gottheit werden Opfer dargebracht.


Balinesischer Hinduismus & Animismus

In der religiösen Vorstellungswelt Balis spielen Götter eine zentrale Rolle. Der balinesische Hinduismus , der lokale Animismuselemente integriert, zeichnet sich durch eine komplexe Hierarchie von Göttern und spirituellen Wesen aus.

Im Animismus auf Bali glaubte man an die Existenz von Geistern, Dämonen und Gottheiten, die in der natürlichen Umgebung, in Bäumen, Flüssen und Bergen, präsent sind. Diese spirituellen Wesen werden als heilig betrachtet, und es gibt zahlreiche Rituale und Zeremonien, um ihre Gunst zu erlangen und gleichzeitig ihren Zorn zu besänftigen. Die Kunst des Opferns ist ein zentraler Bestandteil des balinesischen Alltags, der das spirituelle, kulturelle und soziale Leben der Gemeinschaft prägt.

Eine zentrale Philosophie im Animismus auf Bali ist das Konzept von Tri Hita Karana (siehe Affentempel Ubud ), was auf die „Drei Ursachen des Wohlbefindens“, nämlich das Gleichgewicht zwischen Mensch, Natur und Gottheit, abzielt.

Interessant: Es gibt ganz spezifische Opfergaben für verschiedene Gottheiten wie für Sang Hyang Widhi Wasa, die höchste hinduistische Gottheit oder Dewa Brahma, Wisnu, Shiva (Diese Gottheiten repräsentieren die Schöpfung, den Erhalt und die Zerstörung im hinduistischen Pantheon). Und hier auf dem Land besonders wichtig: Dewi Sri , die Göttin des Reisens und der Fruchtbarkeit. Sie wird besonders während der Reisernte verehrt.


Malerische Umgebung des Tempels

Der Tempelkomplex Gunung Lawi liegt in einer malerischen Umgebung , umgeben von üppig-grünen Reisterrassen und Hügeln. Das Tal des Pakerisan-Flusses ist landschaftlich sehr reizvoll, ein Spaziergang vor oder nach der Besichtigung des Gunung Kawi ist sehr zu empfehlen.

Besucher oder wie hier anlässlich eines Tempelfestes die einheimischen gläubigen Balinesen können durch die Täler und Reisfelder wandern, um die Tempel zu erreichen, oder einfach um die entspannte Atmosphäre zu genießen.

In der religiösen Vorstellungswelt und der lokalen Kultur auf Bali spielen Dämonen eine beeindruckende Rolle und damit auch in vielen Ritualen und Zeremonien. Opfergaben werden dargebracht und Beschwörungsrituale, auch bekannt als „Mecaru“, werden durchgeführt, um die bösen Kräfte abzuwehren und die Gemeinschaft zu schützen.

Allerdings ist die balinesische Auffassung von Dämonen nicht unbedingt negativ, sondern eher komplex: Dämonen sind Teil eines größeren kosmologischen Gefüges, das die Harmonie zwischen den spirituellen Kräften und der physischen Welt aufrechterhält. Ein respektvoller Umgang mit den Dämonen, durch Opfergaben und Rituale, soll dazu beitragen, eine harmonische Verbindung zwischen den spirituellen Kräften und den Menschen aufrechtzuerhalten.


© Text & Fotos: Jörg Baston