Ipoh: Spaziergang auf dem Kulturpfad
❂ Der “Heritage Trail” von Ipoh ist eine Reise in vergangene Zeiten ❂ Dieser Kulturpfad führt Sie mitten durch die Stadt, die zwar nicht zu den schönsten Städten von Malaysia gehört, aber dennoch mehrere Sehenswürdigkeiten bereithält. Zum Beispiel einige interessante Kolonialgebäude, historische Gassen und coole Wandmalereien. All das spiegelt die reiche Stadtgeschichte wider, die im 19. Jahrhundert maßgeblich von der Zinnindustrie geprägt wurde.
Ipoh liegt zwischen den Cameron Highlands und Penang. Deshalb ist diese Destination ideal für einen Zwischenstopp. Die Umgebung von Ipoh ist von Kalksteinbergen, üppiger Vegetation und heißen Quellen geprägt. Hier zu wandern ist herrlich, aber auch ein Spaziergang durch den historischen Stadtteil lohnt sich.
Deshalb unser Tipp: Bleiben Sie ein paar Nächte und genießen Sie die herrliche Landschaft. Das absolut schönste Hotel in der Nähe von Ipoh-Stadt ist das Natur-& Wellnesshotel “The Banjaran Hotsprings Retreat“. Wenngleich man von früh bis spät in dieser Unterkunft bleiben möchte, so sollte man sich trotzdem aufraffen, das Städtchen zu besuchen.
Denn speziell in der “Concubine Lane” gibt’s viele kleine Shop-Häuser mit netten Geschäften, und vor allem trendige Cafés. Doch dazu gleich mehr…
Die Stadt Ipoh
Ipoh wurde in den 1880er Jahren gegründet. Namensgeber der Stadt war der Ipoh-Baum (“Pokok Ipoh”), eine giftige Gummibaumart. Wie man hört, nutzte früher der malaysische Volksstamm der “Orang Asli” den Baumsaft für ihre Giftpfeile im Blasrohr, um damit auf die Jagd zu gehen. Ein prächtiges Exemplar dieses Baums steht heute noch vor der “Ipoh Railway Station”. Dort beginnen wir später unseren Rundgang.
Die Blütezeit der Stadt dauerte von 1880 bis in die 1930er Jahre hinein, vor allem durch den Zinnbergbau.
Dieser zog Horden von Migranten an, vor allem Chinesen, die Dank der boomenden “Tin Industry” ein beträchtliches Vermögen anhäuften.
Dieser Reichtum spiegelt sich bis heute in der Architektur jener Zeit wider. Einige Häuser der ehemaligen Zinnbarone stehen noch und wurden teilweise auch renoviert.
Auch erinnern einige Cafés und Bistros an den früheren Zinnrausch. Wie hier zum Beispiel die “Tin Corner” (übersetzt: “Zinn Ecke”).
In etwas mehr als 130 Jahren verwandelte sich Ipoh von einem verschlafenen malaiischen Dorf in die geschäftige Metropole, die sie heute ist. Ipoh ist mittlerweile die viertgrößte Stadt Malaysias mit rund 770.000 Einwohnern. Darunter finden sich neben Malaysier und den damals eingewanderten Chinesen auch Inder und einige ethnische Minderheiten.
Diese kulturelle Vielfalt ist tief in der lokalen Küche und den unterschiedlichen religiösen Stätten verankert. Hier: die 1898 erbaute Masjid Panglima Kinta. Die Moschee verfügt über eine Mischung aus klassischen islamischen und malaiischen Architekturelementen.
Ein interessantes Beispiel ist neben den Moscheen und hinduistischen Gebetsstätten zum Beispiel Iphos buddhistischer Höhlentempel. Einen Besuch des “Kek Look Tong Temple” mit dem ihn umgebenden Zen-Garten können wir Ihnen wärmstens empfehlen. Er liegt etwas außerhalb der Stadt.
Ipoh “Heritage Trail”
Wie bereits eingangs erwähnt, hat Ipoh an historischen Sehenswürdigkeiten nicht annähernd so viel zu bieten wie zum Beispiel Melaka oder Kuala Lumpurs Altstadt. Dennoch gibt es einige Sehenswürdigkeiten, die wir auf Ipohs “Kulturpfad” entdeckt haben und die es wert sind, erwähnt zu werden.
Beim Fremdenverkehrsamt oder auch in sämtlichem Hotel liegt die “Ipoh Heritage Trail Map” aus. Dort sind die wichtigsten Attraktionen verzeichnet.
Doch wir gehen noch weit darüber hinaus und begeben uns auch abseits der Touristenwege auf unseren ganz persönlichen “Ipoh Kulturpfad”…
- Railway Station
Unser Rundgang beginnt am Bahnhof Ipoh. Er wurde 1917 im maurischen Stil erbaut und ist ein hervorragendes Beispiel für die architektonische Pracht der Kolonialzeit.
Direkt gegenüber befindet sich die Town Hall und der High Court.
- Rathaus (Town Hall)
- Gerichtsgebäude (Court House)
- Birch Uhrenturm (Clock Tower)
Wenige Meter weiter liegt gleich das nächste Highlight: der Birch Memorial Clock Tower. Der Uhrenturm wurde im Gedenken an James WW Birch erbaut, der der erste britische Einwohner Ipohs war. 1875 fiel er einem Attentat zum Opfer.
- Stadtplatz “Ipoh Padang”
Der Padang ist ein großer offener Platz im Zentrum der Stadt und ein beliebter Ort für Spaziergänge und Erholung. Oft sieht man hier auch junge Männer Fußball spielen.
Interessant anzusehen ist am Rande der Rasenfläche der sehr kolonial anmutende Royal Ipoh Club. Er wurde im Jahre 1895 gegründet und ist bis heute eine bedeutende Institution in Ipoh. Das Clubhaus diente ursprünglich als Treffpunkt für lokale Eliten und Mitglieder der britischen Gesellschaft in der Kolonialzeit. “Very british, indeed…!”
Die Innenräume umfassen einen Speisesaal, Sporteinrichtungen und Versammlungsräume. Hier werden regelmäßig gesellschaftliche Veranstaltungen und formelle Dinner organisiert; der Zutritt zum Club ist jedoch nur Mitgliedern vorbehalten.
“Concubine Lane”
Hier gelangen wir zu einer jahrhundertealten Gasse im Herzen der Altstadt.
Früher wurde diese enge Passage von wohlhabenden Chinesen genutzt, die hier ihre Konkubinen unterbrachten. Daher der Name “Concubine Lane”. In der chinesischen Kultur war es seinerzeit in wohlhabenden Familien nicht ungewöhnlich, dass Männer mehrere Frauen hatten. Darunter Hauptfrauen und Mätressen.
Die Hauptfrau hatte stets einen höheren sozialen Status als die Konkubine. Wandmalereien erzählen von jener Zeit. Dieses Gebäude unten, so munkelt man, war eines der Häuser, wo ein reicher Zinnbaron seine Zweitfrau untergebracht hat. Eben an einem versteckten Ort in einer abgelegenen Gasse, um Diskretion zu wahren und mögliche Konflikte zu vermeiden.
Früher wurde in der “Concubine Lane” auch von früh bis spät auf der Straße gehandelt. Heute ist dies ein beliebter Ort für Einheimische und Touristen, die in den charmanten Cafés, Bars und Restaurants einkehren, oder in den teilweise renovierten alten Shop-Häusern einkaufen gehen.
- Bam Choon Dong Tea Court
Ich war von diesem Teeladen hellauf begeistert.
Hier finden Sie eine große Auswahl an exotischen Teesorten, darunter den seltenen, uralten chinesischen Bambusschalentee. Alle Tees, die es hier zu kaufen gibt, werden noch nach traditionellen Methoden zubereitet.
Man kann den Tee in Beuteln oder lose als Teeblätter kaufen. Besonders beliebt sind auch Teebonbons oder Konfekt. Guter Service: In diesem Teehaus kann man jede Sorte probieren, bevor man sie kauft! Auch das geschulte Beratungspersonal ist zur Stelle.
Ich entscheide mich für zwei Päckchen Krisantemen-Tee. Er wird aus den getrockneten Blüten der Krisantemenpflanze hergestellt und hat einen milden, blumigen Geschmack. Mal was anderes als immer nur “Earl Grey”.
“Lost Places”: Abseits des Kulturpfades
Auch hinter der “Concubine Lane” gibt’s einiges zu entdecken. Hier sind weitere Impressionen von kolonialen Häuserfassaden, die allerdings zum Teil ziemlich verfallen sind. Doch gerade deshalb macht es uns großen Spaß, sich einfach treiben zu lassen. Was wir hier entdecken, sind viele “lost places”. Das bedeutet sinngemäß “vergessene Orte”.
Für uns und unsere Leser haben wir ein paar Szenen eingefangen, die den Zauber der vergessenen, verlassenen und mystischen Lokalitäten aufspürt und unser Fotografenherz erfeut…
Straßenkunst in Ipoh
Ein echter Hingucker in Ipoh sind die Wandmalereien.
Zwar fahren viele Touristen nach George Town im Bundesstaat Penang, denn dort ist die gesamte Altstadt mitsamt ihrer berühmten Street-Art ein Weltkulturerbe. Aber auch Ipoh hat einige erstaunliche Werke zu bieten.
Ebenso wie für den “Heritage Trail” gibt das Fremdenverkehrsamt eine eigene Karte heraus, die Ipoh Mural Art Map. Dort wird genau angezeigt, wo die beeindruckendste Straßenkunst zu finden ist.
Weitere Wandgemälde, die nicht auf der Karte verzeichnet sind, entdeckt man beim Bummel in Richtung Neustadt. Überqueren Sie einfach einige der Brücken über dem Kinta Fluss.
Hübsches Detail: die antiken Brückenleuchten aus der Kolonialzeit.
Dort, in der “Neustadt”, haben mein Mann und ich noch weitere Kunstwerke auf Putz entdeckt.
Leider sind die Häuser zum großen Teil verfallen und heruntergekommen. Aber wenigstens werden die eher ärmlichen Viertel von Ipoh durch die farbenfrohen Wandmalereien etwas “aufgehübscht”.
Auch hier gilt: Sich einfach durch Ipoh treiben lassen und ohne konkretes Ziel durch die kleinen Gassen neben der Hauptstraße spazieren. Unser Tipp: Erkunden Sie Ipoh per pedes und nicht im Auto. Parkplätze sind schwer zu finden und der Rundgang ist leicht in ein bis zwei Stunden zu bewältigen.
Auch kann man jederzeit spontan an einer der vielen Garküchen ein paar Fleischspieße genießen, oder in einem der alten Handelshäuser einkehren, wo heute die typisch traditionellen Restaurants untergebracht sind.
Ipohs Kaffeehäuser
Wir haben nach unserem ausgiebigen Rundgang durch Ipoh allerdings etwas anderes im Sinn. Speziell diese Wandkunst (auf dem Foto unten) hat uns inspiriert, in einem der vielen Kaffeehäuser Halt zu machen. Ipoh ist bekannt für seine Kaffee-Spezialitäten, und jetzt ist’s Zeit für einen heißen Drink in einem Café.
Und so bummeln wir langsam zurück in Richtung Altstadt und überqueren hierfür nochmals den Kinta Fluss.
- “Platf9rm Coffee”, Concubine Lane
Unsere Empfehlung, weil sehr charmant: das Kaffeehaus “Platf9rm Coffee”. Und ja, die “9” im Namen ist richtig geschrieben. Sie ersetzt hier das “o”. Unser Freund Marc Groh hat uns diesen tollen Insider-Tipp gegeben. Seit mehreren Jahren lebt der Deutsche in Ipoh und ist dort Hotelmanager vom “Banjaran Hotsprings Retreat“. Er kennt sich also aus.
Hier ein paar Impressionen von Ipohs hippen Trend-Café…
Dieser Platz ist offenbar eine Institution in der Stadt, was mich angesichts der originellen Einrichtung und entspannten Atmosphäre nicht verwundert.
Wer mag, kann auch ein Kaffee-Frappé bestellen – den gibt’s in allen Variationen. Oder wie wär’s mit einem “Tiramisu Cafe Latte”?
Zu guter Letzt müssen Sie unbedingt noch einen “Ipoh White Coffee” probieren. Den gibt’s nur in Ipoh – allerdings nicht hier in der “Concubine Lane”. Dazu muss man sich zu einem spezialisierten Kaffeehaus begeben.
Kaffee-Spezialität: “Ipoh White Coffee”
Weißer Kaffee ist eine besondere Spezialität der Region, was dazu führte, dass Ipoh von Lonely Planet zu einer der drei besten Kaffeestädte ernannt wurde. Und auch auf Wikibrief gibt’s einen eigenen Eintrag.
- Kopitiam “Kin Loong 960”, Ipoh
Der Begriff “Kopitiam” setzt sich aus den malaiischen Wörtern “kopi” (für Kaffee) und “tiam” (für Geschäft oder Geschäftshaus) zusammen. Das Unternehmen “Kin Loong” ist seit Jahrzehnten auf “Weißen Kaffee” spezialisiert und hat Dank intensiven Exporten bereits die Welt erobert.
Diese einzigartige Kaffeevariante zeichnet sich durch ihre milde Geschmacksnote und die spezielle Zubereitungsweise aus. Im Gegensatz zu herkömmlichem schwarzen Kaffee wird weißer Kaffee aus Arabica-Bohnen hergestellt, die mit Palmöl-Margarine geröstet und schließlich mit Kondensmilch und Zucker vermengt werden. Daher der besonders reiche, cremige und süße Geschmack.
Seit den 70er Jahren hat sich der Weißkaffee von einem “Nebengetränk” zu einem modernen Mainstream-Kaffee entwickelt – Dank der Leitung von Kong Kin Loong, einem Familienmitglied in der 2. Generation.
Die Ursprungsmarke “Chang Jiang White Coffee” (nun unter dem Markennamen “Kin Loong”) hat unlängst die Akkreditierung der Internationalen Organisation für Normung (ISO) erhalten und eine Reihe von großen internationalen Auszeichnungen gewonnen.
“Jeder, der nach Ipoh kommt, sollte den Weißen Kaffee wenigstens einmal probiert haben…,” sagt Marc. Auch dieser Coffee-Shop war sein Tipp, und so hat er meinen Mann und mich an seinem freien Tag kurzerhand dorthin mitgenommen.
Im Gegensatz zu europäischen Kaffeehäusern kommt man nicht für “Kaffee & Kuchen” hierher, sondern eher für etwas Herzhaftes.
Dieser “Kopitiam” ist neben seinen Kaffee-Spezialitäten auch für seine köstlichen malaysischen Gerichte bekannt. Wir entscheiden uns für “Kaya Toast” (gerösteter Toast mit süßer Kokosnuss-/Eiermarmelade), “Curry Mee” (Nudelsuppe mit Currysoße) und “Chang Jiang Snacks” mit Salat.
Das Ambiente im Kin Loong 960 ist sehr authentisch. Hier trifft man auf keine Touristen, sondern nur auf Einheimische. Kaffeehäuser in Malaysia sind gesellige Orte, an denen Freunde regelmäßig zusammenkommen, um preisgünstig zu essen, zu plaudern und natürlich Kaffee zu trinken.
“White Coffee”, versteht sich.
Kin Loong 960 Block A, Times Square, Bangunan Casuarina 1, Jalan Windsor, Ipoh, Perak, Malaysia (neben dem Impiana Hotel). Täglich von 8:00 – 18:00 Uhr
© Redaktion & Fotos: Nathalie Gütermann & Jörg Baston
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