Gipfelstürmer der Luxushotellerie: René Egle
Während unseres Aufenthalts in Maskat buchten wir uns in einem der schönsten Resorts im Oman ein: dem “Shangri-La”-Resort – einem spektakulären Hotelkomplex, der sich majestätisch zwischen schroffen Bergketten und einer traumhaften Küste erhebt. Generaldirektor der Luxusanlage ist der Schwarzwälder Hotelier René Egle, und sein Lebenslauf ist derart interessant, dass ich spontan ein Interview mit ihm führte. Prädikat: faszinierend!
Vom Schwarzwald in die Welt
Lieber René Egle*, Sie stammen ja – wie ich – aus dem Schwarzwald, eine der schönsten Regionen Deutschlands. 😊 Warum haben Sie die Heimat verlassen, und wie hat Ihre Herkunft Sie selbst und Ihren Werdegang geprägt?
Ja genau, ich komme aus einem kleinen Ort: Löffingen im Schwarzwald – ganz in der Nähe vom Titisee im Hochschwarzwald.
Die Gegend, in der ich aufgewachsen bin, lebt sowohl im Sommer wie auch im Winter vom Tourismus. Das heißt, auf die eine oder andere Art wurde ich schon früh mit Touristen konfrontiert. Damals nannten wir die Urlauber ‚Luftschnapper‘. Aber uns war auch bewusst, dass dies eine wichtige Einkommensquelle für die Orte in meiner Gegend war, die von vielen Hotels und Gästehäusern geprägt ist.
Welche Schlüsselerfahrungen oder Entscheidungen haben Ihrer Meinung nach wesentlich zu Ihrem beruflichen Aufstieg beigetragen?
Ich hatte das große Glück, schon während meiner Ausbildung im Schwarzwald mit sehr ambitionierten Kollegen zu arbeiten. Alle haben davon geträumt, irgendwann einmal eine Stelle in einem der Top-Hotels dieser Welt zu ergattern. Oder in einem Michelin Sterne Restaurant, oder auf einem Kreuzfahrtschiff. Als ich noch Azubi war (Schwarzwaldhotel/Colombi Hotel Freiburg), hätte ich nie gedacht, dass sich diese Wünsche ausgerechnet bei mir erfüllen würden.
Bis heute bin ich der einzige, der im Hotelfach geblieben ist. Die meisten meiner Kollegen von der Hotelfachschule (HOGA) in Villingen-Schwenningen sind zwischenzeitlich in andere Industrien gewechselt.
In meinen Jugendjahren wollte ich unbedingt in einem Michelin-Sterne-Restaurant arbeiten, und zwar als Restaurant Manager – und möglichst im Ausland. Doch zunächst musste ich erst einmal zur Bundeswehr (links im Bild).
Beim Bund meldete ich mich dann freiwillig zur Marine, denn ein Onkel von mir, der früher in der Kriegsmarine war, hatte mir oft von seinen tollen Abenteuern erzählt. Außerdem wollte ich einfach mal raus aus dem Schwarzwald. Beim ersten Blick auf Hafen und Meer war mir klar: ich musste die Welt sehen!
Demzufolge heuerte ich später bei der M.S. Europa an, wurde dort “Chef de Rang” für 2.5 Jahre und reiste tatsächlich um die Welt. Es war traumhaft!
Besonders glücklich war ich über die Gelegenheit, verschiedene legendäre Hotels zu besuchen. Zum Beispiel das Raffles in Singapore, das Peninsula in Hong Kong und viele andere Luxushotels. Da hat’s mich gepackt und ich beschloss, eines Tages in solch’ einem Luxushotel zu arbeiten.
Gedacht, getan. Ich arbeitete zunächst 4 Jahre lang im “Interconti-Hotel Belgravia” in London…
… und danach als Assistant Food & Beverage Manager in Peking. Wer hätte damals gedacht, dass ich ab diesem Zeitpunkt nie wieder in Europa arbeiten würde…?
Nun sind Sie also hier im Oman und haben sogar einen Buggy mit Freiburger Kennzeichen (!!) auf dem Shangri-La-Grundstück stehen. Heimweh,… oder einfach nur ein Gag…?
Haha ja! Mein FR-Kennzeichen ist tatsächlich so etwas wie meine Trademark geworden, seit ich im Shangri-La Barr Al Jissah die drei Beach Resorts übernommen habe.
Auf den Malediven, in Mauritius, in Mactan und nun auch in Maskat hatte ich immer mein Freiburger Nummernschild auf meinem Buggy. Etwas Heimatliebe muss dann doch schon sein. 😊
Karriereweg
Sie haben eine beeindruckende Karriere im Top-Management von Luxushotels hingelegt. Gratulation! Was waren die wichtigsten Meilensteine auf Ihrem Weg zum General Manager des Shangri-La Maskat?
Meine Zeit in London, speziell im Belgravia Hotel, war eine sehr prägende Erfahrung für mich. So kauften wir zum Beispiel für unser Fine Dining Restaurant Weine von Auktionshäusern wie Christie’s und Sotheby’s – mitunter zwar nur 1 oder 2 Flaschen, aber die waren unsagbar teurer. London öffnete für mich nicht nur die Türen zu 5-Sterne-Hotels, sondern ich bekam auch die Chance, in internationale Luxushotels in der ganzen Welt zu wechseln.
Gab es während Ihrer Karriere eine Person, die Sie besonders inspiriert oder gefördert hat?
Es gab sogar drei Personen, die mich inspirierten und motivierten. Während meiner Ausbildung war dies der Oberkellner Herr Hanser, und unbedingt zu erwähnen ist auch einer meiner Lehrer in der Hotelfachschule, Herr Kapferer. Doch interessanterweise war später eine Frau eine meiner wichtigsten Mentoren: Mrs. Moyra Beaves war damals die General Managerin im Belgravia Hotel in London. Ohne ihre Unterstützung wäre ich nicht dort, wo ich heute bin. Dazu gehörten Ihr konsequentes Vertrauen in mein Können, die Scholarship für die Cornell Universtity in den Staaten, bis hin zu meiner ersten internationalen Versetzung nach China.
Oman
Was beeindruckt Sie am Oman und seiner Kultur? Konnten Sie sich während der letzten 4 Jahre an die Lebensbedingungen im Land anpassen?
Ich habe mich sehr leicht an die Lebensbedingungen hier im Oman angepasst. Das Sultanat hat nicht nur eine sehr moderne und entwickelte Infrastruktur, es ist auch in seiner Gesamtheit ein wirklich wunderschönes Land! Was mich beeindruckt ist die komplexe, sehr authentische Kultur des Omans. Dieses Land ist wirklich eine himmlische Oase, umgeben von schicken Metropolen wie Dubai, Abu Dhabi, Doha usw.
Haben Sie das Land schon einmal in seiner Gesamtheit privat bereist?
Ich habe das Land schon öfters bereist, ja. Aber leider nicht so oft, wie ich es gerne wollte. Sie wissen ja selbst, wie es ist, wenn man in einem anderen Land lebt. Man hat immer viel zu tun, und wenn man mal Urlaub hat, dann geht es meist nach Hause in die alte Heimat.
Im Schwarzwald liebe ich zum Beispiel Paragliding…
… oder auch Bergsteigen und Felsklettern.
Hier im Oman bin ich wenigstens viel mit meinem Mountainbike unterwegs, das ist ein totaler Traum. Die Wege sind relativ gut, die Landschaft ist immer wieder atemberaubend – besonders im Jebel Akhtar – einem Berg, dessen Gipfel über 3000 Meter hoch liegt.
Auch sind die Menschen unwahrscheinlich freundlich. So haben mir Omanis schon mehrfach ganz spontan Wasser angeboten, wenn ich in abgelegenen Gegenden mit meinem Bike unterwegs war. Einfach toll.
Welches sind Ihrer Meinung nach die Highlights in Maskat, die Sie Ihren Gästen, Freunden und meinen Lesern empfehlen würden?
Die Highlights hier in Maskat sind auf jeden Fall die Sultan-Qaboos-Moschee, die ja einige Rekorde gesetzt hat. Und natürlich das Royal Opera House, das von der Architektur und Innenausstattung wirklich beindruckend ist.
Erwähnenswert ist auch das Alte Maskat, das ja denn Hafen miteinschließt. Dort gibt es einige lokale Märkte oder den berühmten ‘Mutrah Souk‘.
(Anmerkung der Red.: Mehr über alle Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt lesen Sie hier: “Maskat: die weiße Stadt am Golf”).
Und die Highlights im Oman generell?
Der Oman ist sehr, sehr vielfältig. Man hat hier wunderschöne Strände, beindruckende Wüsten und ganz tolle Berge. Sehenswert sind auf jeden Fall die verschiedenen Wadis (…ich nenne sie ‘Oasen-Schluchten’), von denen der Wadi Shab der bekannteste und authentischste ist.
Dann gibt’s natürlich die gigantischen Berge: Jebel Akhtar und – was viele Leute nicht wissen – den ‚Grand Canyon des Omans‘, Jebel Shams.
Für mich ist der Oman eines der abwechslungsreichsten Länder der Welt, in denen ich gelebt habe.
Shangri-La Al Husn
Wer sind Ihre typischen Gäste, welches Durchschnittsalter haben sie, und aus welchen Ländern kommen sie?
Unsere Gäste im ‘Al Husn’-Hotel kommen vorwiegend aus Europa mit Schwerpunkt Deutschland, Östereich, Schweiz, Großbritannien. Einige andere europäischen Länder sind auch dabei. Das Durschnittsalter vor Corona war zwischen 40 und 60, hat sich aber interessanterweise nach Corona leicht geändert.
Jetzt kommen mehr 30 bis 45 jährige hierher, und zwar nicht nur aus Europa, sondern auch Expats aus Dubai, Abu Dhabi und Doha.
Haben sich in den letzten Jahren – und insbesondere seit Corona -, die Bedürfnisse und Erwartungen der Gäste geändert? Und wenn ja, wie?
Die Bedürfnisse und Erwartungen haben sich im grossen und ganzen nicht so sehr geändert. Natürlich ist Hygiene wichtiger als je zuvor. Neu hingegen sind die Erwartungen von jüngeren Gästen. Wir haben deshalb auch unsere neue Beach Lounge ‚Si O2‘ im Dezember eröffnet. Dort spielt abends ein DJ, und unter anderem servieren wir neben guten Drinks auch Shishas und kleine Gerichte.
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um den Gästen ein unvergessliches Erlebnis zu bieten?
Ich habe die Zeit während Covid genutzt, um neue ‘Signature Activities’ zu kreieren. Dazu gehört zum Beispiel unser luxuriöses Transportprojekt “The Bespoke Collection – Ride, Cruise, Fly“. In diesem Kontext bieten wir unseren Gästen Limousinen-Transfers, Yachtausflüge und Hubschrauberflüge an.
Da wir ja viel Platz auf dem Shangri-La-Gelände haben, kontaktierte ich kurz nach meinem Antritt die ASA, die führende Helikopter Aviation Company in Maskat. Wir haben dann fast ein Jahr verhandelt und auch einen Landeplatz gebaut – direkt vor dem tiefblauen Ozean. Dies ist mit Sicherheit einer der schönsten Helipads im Oman, wenn nicht sogar auf der ganzen Welt.
Außerdem verfügen wir auch über 40 seltene Oltimer, die in unserem hoteleigenen ‘Classic Car Museum’ stationiert sind. Die Besitzer haben mir freundlicherweise erlaubt, den Gästen alle Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen, wenn sie mal über unser weitläufiges Gelände fahren wollen.
Zu guter Letzt habe ich unlängst zwei neue Locations für romantische Abendessen ins Leben gerufen. Das sind wirklich ‚Once-in-a-lifetime‘-Erfahrungen für Paare, die etwas ganz Außergewöhnliches bei uns erleben wollen.
Die eine Location ist mitten auf dem Strand, wo man im wahrsten Sinne des Wortes wie ‘auf Rosen gebettet’ ist. Und die andere hoch oben auf dem Felsvorsprung vor dem Al Husn, mit herrlichem Blick auf den Al Jissah Felsbogen und unseren Privatstrand. Diese “Dine by Design”-Optionen sind übrigens nicht nur für Hochzeiten reserviert, sondern kann von allen Paaren gebucht werden.
Sind Sie ein Verfechter von Altbewährtem und Tradition, oder fördern Sie Neuerungen und Innovation?
Ich liebe es, kreativ zu sein. Eigentlich habe ich eine ‘Out of The Box’- Einstellung. Das bedeutet: Neuerungen, Visionen und Innovationen sind ein Muss. Gerade in den Philippinen, als mehrjähriger GM vom Shangri-La “La Mactan” , konnte ich viele neue Ideen umsetzen.
Die jüngeren Gäste von heute haben ganz andere Erwartungen als die älteren Urlauber. Aber natürlich heißt das nicht, dass Altbewährtes und Tradition nicht mehr zählt. Sagen wir mal so: ein Hotelaufenthalt muss neu ‘verpackt’ werden.
Ebenfalls unter Ihrer Regie entstand im Shangri-La ein Weihrauch-Garten und ein Weihrauch-Spa. Neuerdings beschäftigen Sie sogar einen “Weihrauch-Butler”. Was genau ist seine Aufgabe, und wird dieses Gesamtkonzept von Ihren Gästen angenommen?
Eines meiner Steckenpferde, wenn ich ein Resort in einem neuen Land übernehme, ist ein typisches lokales Produkt zu identifizieren und alles darüber zu lernen. Das Hotel hat sich dann auf darauf zu fokussieren, sei es in der Gastronomie, im Spa oder in anderen Abteilungen.
Auf den Malediven war es die Kokosnuss. Wir brannten unseren eigenen Kokosnuss-Schnaps, es gab Kokosnuss-Treatments im Spa und die Gäste konnten sich auch im Palmen-Klettern versuchen. Auf Mauritius das gleiche Spiel mit der Zuckerpalme, wo ich eine kleine ‘Sugarpalm Plantation’ auf dem Hotelgrundstück anlegte. Später – in den Philippinen – war es eine Kakaoplantage. Dort kam mir auch die Idee, den weltweit ersten ‘Schokoladen-Sommelier’ zu beschäftigen.
Als ich hier im Oman ankam, habe ich den landestypischen Weihrauch kennengelernt, über den ich ursprünglich überhaupt nichts wusste.
Schließlich war ich sehr überrascht, wie unwahrscheinlich vielfältig dieses Produkt ist. Da habe ich mir es zur Aufgabe gemacht, das Shangri-La zum ‘Ground Zero’ für Weihrauch zu machen. Nun haben wir einen Weihrauch-Garten mit 20 Bäumen, einen Weihrauch-Spa, und alle unsere Shampoos, Badegels, Body Lotions in den Hotelzimmern sind mit ‘Luban’ angereichert (Arabisch für Weihrauch).
In der Lobby duftet es Tag und Nacht nach Weihrauch, wir haben den besten Weihrauch-Käsekuchen in Maskat, einen Weihrauch-Cocktail und, und, und…
Ein wichtiger Teil dieses Projektes war in der Tat die Ausbildung des ersten Weihrauch- Butlers der Welt. Khalid Al Abri war von Anfang an mit dabei und wurde von der Firma ‘Luban’ und einer kanadischen Professorin für Gesundheit ausgebildet. Seither macht Khalid tägliche Halb- und Ganztages-Touren für interessierte Gäste, die mehr über den Oman als Herkunftsort und das kostbare Produkt lernen wollen.
Die Resonanz darauf war derart positiv, dass wir nun einen zweiten ‘Luban-Butler’ ausbilden.
Luxushotel
Das Shangri-La Al Husn ist ein Hotel der Luxusklasse. Wie würden Sie die besondere Atmosphäre und den einzigartigen Charakter dieser 5-Sterne-Unterkunft beschreiben, und wie unterscheidet es sich von anderen Luxushotels?
Shangri-La Al Husn unterscheidet sich zum einen durch die einzigartige Lage auf einem Kliff und zum anderen durch das Konzept. Das Al Husn ist ein ‘Adults-Only’ Hotel, d.h. Kinder unter 16 Jahren haben dort keinen Zugang. Die Atmosphäre erinnert an einen luxuriösen Palast mit einem ausgeprägt omanischen Character.
Im Innenhof servieren wir täglich einen Afternoon Tea sowie Pre-dinner Cocktails für unsere Hotelgäste -das alles ist im Zimmerpreis miteingeschlossen. Somit unterscheidet sich das Al Husn nicht nur in Bezug auf seine einmalige Lage, sondern auch durch den personalisierten Service.
Was sind die besonderen Herausforderungen und Chancen, ein Hotel in diesem Segment zu leiten?
Man braucht auf jeden Fall sehr viel Geduld, Leidenschaft und vor allem ein sehr gutes Team, das sich gegenseitig unterstützt – was natürlich auch den Generaldirektor mit einschliesst. Also mich.
Umgekehrt nehme ich den Begriff “Personalisierten Service” wörtlich. Das heißt, ich bin immer für meine Gäste sichtbar und ansprechbar. Sollte ich ausnahmsweise nicht zur Verfügung stehen, ist mein Hotel Manager Nick Flynn die perfekte Vertretung.
Können Sie bitte einen Einblick in Ihren typischen Arbeitstag geben?
Typische Arbeitstage gibt es eigentlich nicht 😊 Normalerweise bin ich um 7 Uhr im Büro, beantworte Mails von unserem Corporate Office in Hong Kong, mache meine Tour durch die drei Hotels und schaue mir die Frühstücks-Buffets an.
Ich lege großen Wert auf die Präsentation, die Qualität und Frische der Produkte. Unser Brot, die Croissants und das Gebäck stammen aus unserer hauseigenen Bäckerei und kommen jeden Morgen frisch auf den Tisch.
Nach meinem Rundgang durchs Restaurant treffe ich mich gegen 8:30 Uhr mit meinen leitenden Mitarbeitern zu einem Morning Meeting, u.a. mit dem Revenue Director und den Abteilungsleitern. Dann gehen wir gemeinsam die Anreisen des Tages durch und prüfen die Gast-Präferenzen. Danach Mittagessen mit Geschäftspartnern oder Gästen, anschließend eine weitere Hotel-Runde mit Projekt-Meetings, Food Tastings für neue Menüs, regelmäßigen Notfall-Übungen und andere Trainings, wie zum Beispiel der Umgang mit den kleinen Gästen in unserem Familienhotel.
Jeden Tag steht etwas anderes auf meinem Programm. Zwischendurch muss ich Gäste in der Lobby begrüßen oder verabschieden. Grundsätzlich steigen in den Shangri-La Hotels ja oft auch prominente Persönlichkeiten ab. Im Oman sind es meist bekannte Unternehmer oder Minister; in unseren anderen Hotels auch berühmte Politiker, Schauspieler und Sänger. So konnte ich im Laufe meiner Karriere zum Beispiel Pink und Shakira begrüßen, die Scorpions, Steven Seagal und viele anderen VIPs. Abends treffe ich mich meistens mit Gästen zu einem persönlichen Pre-Dinner Cocktail oder Dinner.
Mitarbeiterführung
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben? Was ist Ihnen im Umgang mit Ihren Mitarbeitern besonders wichtig?
Ich arbeite sehr eng mit meinem Team zusammen. Es ist mir wichtig, jegliche Probleme ohne Verzögerung zu lösen oder den Wünschen der Gäste umgehend nachzukommen. Wichtig ist vor allem auch die reibungslose Kooperation bei größeren Events: Konferenzen, Hochzeiten oder anderen Events. Da ich ja gleich drei Hotels leite, ist das immer wieder aufs Neue eine große Herausforderung.
Aber mein Team weiß, dass es mich jederzeit um Hilfe bitten kann. Manche Dinge kann ich als Generaldirektor ja um einiges schneller veranlassen.
Ich sehe einige Omanis, aber auch Inder:innen, Indonesier:innen und Arbeitskräfte anderer ethnischer Herkunft unter Ihren Mitarbeitern. Funktioniert das?
Ich habe hier etwa 750 festangestellte Mitarbeiter mit über 40 verschiedenen Nationalitäten. Davon sind 35% Omanis und die restliche Belegschaft stammt aus dem Mittlerem Osten, Asien, Europa, Russland und Südafrika. Natürlich gibt es hier und da immer kleine Probleme, aber im Großen und Ganzen fühlen wir uns alle der “Shangri-La-Familie” zugehörig. Das verbindet!
Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach kulturelle Sensibilität und interkulturelle Kommunikation in Ihrem täglichen Arbeitsumfeld, insbesondere bei der Leitung eines internationalen Teams?
Das ist ganz wichtig und kann nicht genug betont werden. Mir hilft da natürlich meine langjährige Erfahrung auf verschiedenen Kontinenten.
Kulturelle Sensibilitäten und das fehlende Verständnis für andere im Team sind meist die Hauptgründe, warum so manch’ neuer Manager die Probezeit nicht besteht. Ich habe das auf die harte Weise vor über 30 Jahren selbst lernen müssen, als ich in Peking als Assistant Food & Beverage Direktor anfing. Da hatte ich die Probezeit fast nicht bestanden, weil ich die ganz andere Kultur der Chinesen nicht verstand. Aber ich hab’s geschafft. Das war für mich eine ganz wertvolle Erfahrung.
Hotel-Nachwuchs
Liegt Ihnen die Förderung des Nachwuchses in der Hotellerie am Herzen? Ist das überhaupt ein Thema im Shangri-La?
Nachwuchs auszubilden ist eines der wichtigsten Themen in der Luxushotellerie. Wir bieten kostenlose Harvard Online Trainings an sowie Programme wie ELP (Emerging Leaders Training – für Kellner, Rezeptionisten und andere), ein JLP (Junior Leaders Programm – hier wird das mittlere Management auf das Senior Management vorbereitet), und OLP (Operational Leaders Programm – hier werden Senior Leaders für das Executive Management ausgebildet).
Ich selbst wurde von der Shangri-La Hotelgruppe sehr gefördert und gefordet. Vor ungefähr 10 Jahren habe ich das “General Manager Diploma” an der Cornell University gemacht. Der Rest ist Geschichte.
Welchen Rat würden Sie persönlich jungen Fachkräften geben, die eine Karriere in der Luxushotelbranche anstreben?
In unserem Fach braucht man einfach absolute Leidenschaft für die Hotelbranche. In der Luxushotellerie darf’s eben nicht einfach nur ‘ein Job’ sein. Wir arbeiten immer mit Menschen, meist auch mit ganz anspruchsvollen Menschen. Da gibt’s immer Höhen und Tiefen, ganz besonders in den ersten Jahren.
Ich habe leider oft mitangesehen, wie junge Kollegen wegen ein oder zwei Vorfällen oder Beschwerden ihren Job aufgaben – was ich sehr schade finde. Man darf einfach nicht aufgeben! Wenn man die Stolpersteine überwunden hat und man die Branche besser versteht, kann unser Beruf sehr bereichernd sein.
Sie haben Erfahrung im Top-Management verschiedener Luxushotelketten. Was sind die wichtigsten Herausforderungen, denen sich die Luxushotelbranche heutzutage gegenübersieht?
Ich denke, es gibt einige Herausforderungen. In der Tat ist eine der größten Probleme die Suche nach qualifiziertem Nachwuchs. Wie ich schon sagte: Ein großer Teil unseres Jobs ist der Umgang und die Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Menschen: Kollegen, Geschäftspartnern, Gästen. Wir beobachten derzeit, dass die jüngere Generation im Vergleich zu früher weniger erfahren ist, wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht.
Heutzutage tauscht sich die Jugend ja vor allem online aus, der persönliche Umgang mit anderen Menschen bleibt da oft auf der Strecke. Eine weitere Hürde: Die Luxushotelbranche wird immer weniger als erstrebenswert angesehen. Niedrige Löhne bei langen Arbeitszeiten, Einsatz an Wochenenden und Feiertagen usw. Daran müssen wir arbeiten!
Zukunftstrends
Mit Blick auf die Zukunft: Welche Entwicklungen sehen Sie als besonders bedeutsam an – zum Beispiel im Bereich Digitalisierung? Es gibt ja bereits viele Hotels mit Self-Check-in und sogar mit Robotern. Wie ist Ihre Einschätzung dazu? Ist das eine Gefahr, oder passt sich die Luxushotellerie diesem Trend an?
Die Digitalisierung, Self-Check-In und sogar Roboter sind ja nun schon ein paar Jahre auf dem Markt, und auch wir in Shangri-La haben uns mit diesem Thema befasst. Digitale Prozesse und Künstliche Intelligenz sind sicherlich nicht mehr aufzuhalten und sie haben sich auch in vielen Bereichen schon etabliert. Allerdings glaube ich, dass sich selbstständiges Einchecken oder der Einsatz von Robotern gerade in der Luxushotelbranche nur teilweise durchsetzen wird. Wie schade wäre es doch, wenn Sie beim Check-in nur noch mit Maschinen umgeben wären. Oder wenn Sie kein Mensch mehr begrüßt…
Ich bin daher fest überzeugt, dass vor allem in der 5-Sterne-Kategorie der direkte ‘face to face’-Kontakt zwischen Gästen und Angestellten nicht wegzudenken ist und noch für lange Zeit bestehen bleibt.
Auslandserfahrung
In Laufe Ihrer Karriere haben Sie in verschiedenen Ländern gelebt und gearbeitet. Welche Standorte haben Sie besonders fasziniert?
Eigentlich haben mich alle Länder, Kulturen und Menschen sehr fasziniert, wo ich bisher gearbeitet habe.
Wie gesagt, ich stamme ja aus einem kleinen Ort im Schwarzwald, und so habe ich eigentlich nie meine etwas kindliche Faszination für die große weite Welt verloren. Ich finde es toll, immer wieder etwas ganz Neues zu sehen und zum ersten Mal zu erleben. Deswegen habe ich eigentlich nur schöne Erinnerungen – die negativen Erfahrungen sind so gut wie weg.
Sie sind ja ein klassischer „Expat“. Hat Sie Ihre Auslandserfahrung persönlich bereichert?
Auf jeden Fall! Zumal ich ja nun länger im Ausland gelebt habe als daheim in Deutschland. Als ich nach meinem Aufenthalt in London die einmalige Chance bekam, nach China zu gehen, wollte ich ja nur für ein Jahr dort bleiben. Der Rest ist Geschichte. Ich kam nie wieder nach Deutschland zurück, zumindest nicht zum Arbeiten.
Aber etwas ist schon interessant: Je länger ich im Ausland lebte, desto “deutscher” wurde ich. Andererseits ist es schwerer geworden, mich mit bestimmten Aspekten der deutschen Mentalität zu identifizieren.
Privatleben
Wie gelingt es Ihnen, trotz Ihrer anspruchsvollen Position als General Manager, ein ausgewogenes Privatleben zu führen?
Naja, so ganz ausgewogen wird das Privatleben in unserer Industrie nie sein. Zumal wir ja grundsätzlich 365 Tage im Jahr präsent sein müssen und ausgerechnet die traditionellen ‚Holidays‘ in unsere Hochsaison fallen. Man kann aber auch bestimmte Aspekte seines Berufes ins Privatleben integrieren, ohne dabei den Erholungsfaktor zu gefährden. Zum Beispiel habe ich immer mal Zeit zum Tiefseetauchen mit unserem Kooperationspartner Extra Divers.
Oder ich fahre auch mal mit dem Segler oder Katamaran raus. Das Equipment dafür steht ja auf unserem Strand jedermann zur Verfügung. Eines meiner Lieblingshobbies ist und bleibt jedoch – wie erwähnt – das Radfahren. Ich gehe am Wochenende gerne in die Berge zum Mountainbiking, oft alleine, manchmal aber auch mit meinen Kollegen vom Hotel, denn wir haben hier ein ‘Ironman Team’.
Wie ich weiß, sind Sie ein Abenteurer. 2004 sind Sie mit Freunden 12.000 Kilometer auf chinesischen Motorrädern von Peking nach Berlin gebraust. Sie lieben Paragliding und sind sogar schon mal einen Jet geflogen…! Und heute? Haben Sie überhaupt noch Zeit für Hobbys?
Die Motorradfahrt von Peking nach Berlin in 2004 auf uralten BMWs R71 – das sind diese Bikes mit einem Seitenwagen – war ein wichtiges Erlebnis für mich. Nicht nur wegen der unfassbar aufregendenen Fahrt, sondern weil es im Laufe meiner Karriere das erst Mal überhaupt war, dass ich einem privaten Projekt Vorrang gegeben hatte.
Zuvor hatte ich viele private Pläne immer wieder aufgeben müssen, weil ich meiner Arbeit immer Vorrang gab. Diese Motorradfahrt hat mich dann fast meinen Job gekostet, da wir später zurückkamen als geplant. Das gab Ärger!
Heute erinnere ich mich allerdings nur noch an die positiven Seiten und die tolle Fahrt. Den restlichen Stress habe ich vergessen. Danach habe ich mir geschworen: Ich muss mir einfach mehr Zeit für meine Hobbies oder Wünsche nehmen, sonst verpasst man ja die besten Momente im Leben.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Was würden Sie denn nach so vielen Abenteuern gerne noch ausprobieren und erleben?
Eigentlich wollte ich Hobbypilot werden. Dann habe ich aber – schon wieder wegen der Arbeit – meinen Helikopterschein in London nur zu 50% durchziehen können, und auch die “Private Pilot Licence” (PPL) für Privatflieger konnte ich nie fertig machen. Nachdem ich aber mal einen Jet mitgesteuert habe – übrigens für mich das ultimative Erlebnis schlechthin…,
… möchte ich meinen PPL-Pilotenschein auf jeden Fall noch zuende bringen. Und auch eine Fahrt auf einem Eisbrecher in der Arktis wäre noch mein Traum.
Zukunftspläne
Welche persönlichen Ziele oder Herausforderungen haben Sie sich für Ihre weitere berufliche Laufbahn gesetzt? Was sind Ihre nächsten Karriereziele?
Das nächste Ziel, das ich mir gesetzt habe, wird eine zunehmend regionale Rolle sein – voraussichtlich auch hier im Mittleren Osten**. Dann aber mit Verantwortung für noch mehr Hotels als bisher.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Haha – eigentlich habe ich noch nie konkret darüber nachgedacht. Aber da Sie fragen: vielleicht Winston Churchills “Never, never, never give up”. Das habe ich ja auch schon während meiner abenteuerlichen Motorrad-Tour* gelernt.
Wer 11.000 Kilometer von China nach Berlin übersteht… – ich glaube, der übersteht alles im Leben… 😊
Vielen Dank für dieses aufschlußreiche Gespräch und alles Gute weiterhin!
© Das Interview mit René Egle führte Nathalie Gütermann.
Fotos: Nathalie Gütermann, Jörg Baston, René Egle privat/Shangri-La
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